Benennungen

In Wissenschaft und Technik müssen immer wieder neue Begriffe benannt werden, um die Kommunikation zwischen Fachleuten und zwischen Fachleuten und Laien zu ermöglichen. Aber wie kommt man zu neuen Benennungen? Hier bieten sich verschiedene Möglichkeiten an:

Terminologisierung. Ein Wort aus der Alltagssprache wird zum Fachterminus, wenn ihm eine eindeutige Bedeutung in einer Wissensdomäne zugeordnet wird. So hat „Wurzel“ in der Zahnmedizin eine neue Bedeutung und „Lager“ in der Technik. Terminologisierung von Alltagswörtern gibt es in allen Wissenschaften, z.B. haben Wörter wie Kraft, Geschwindigkeit, Arbeit in der Physik eine definierte Bedeutung. Die Terminologisierung ist oft eine metaphorische Übertragung, wie der Kopf der Schraube, der Zahn im Zahnrad usw. Besonders in den Sozialwissenschaften kann es zu Verständnisproblemen kommen, weil z. B. in der Psychologie viele Termini aus der Alltagssprache übernommen sind wie Wahrnehmung, Gefühl, Vorstellung usw., die aber in der Wissenschaft eine meist engere und eindeutigere Bedeutung wie im Alltag haben.

Zusammensetzung. Komposita sind eine Spezialität der deutschen Sprache, mit denen neue Wörter gebastelt werden können. Sie sind jedoch für das Verstehen nicht förderlich, sobald mehr als drei Wortstämme bzw. Basismorpheme zusammengestellt werden, wie z.B. bei dem Wortungetüm Ultrakurzwellenbereichweitenfernsehrichtfunkverbindung. Um das Wort zu verstehen, muss man beim letzten Bestandteil angekommen sein, es handelt ich um eine Verbindung über Richtfunk für das Fernsehen usw.

Mehrwortbenennungen. Sie sind oft ein besser verständlicher Ersatz für Komposita, der in anderen Sprachen häufig vorkommt: Leitung für Hochspannung (engl. tension lines) statt Hochspannungsleitungen.

Ableitungen. Ein Stammwort kann mit Prä- oder Suffixen zu neuen Wörtern verknüpft werden. Derartige Ableitungen aus Verben führen aber oft zu einem abstrakten Nominalisierungen: Ver/bind/ung; Vor/prüf/ung; Um/zäun/ung, Ent/sorg/ung; Über/griff/ig/keit. Wenn viele Nominalisierungen zusammenkommen, ergibt das Bürokratendeutsch oder  den Nominalstil: Nach Abschluss der Zählung ist die Durchführung von Kontrollbefragungen zulässig.

 Entlehnung. Wenn es in der eigenen Sprache kein Wort gibt, dann kann man aus einer anderen klauen bzw. entlehnen. Früher war es Griechisch (Archiv, Strategie, Dynamik, Akustik) oder Latein (Mutation, Selektion, Addition, Kapsel, Konflikt) heute sind Anglizismen beliebt (Computer, Download, Software, Input). Lehnworte können so heimisch werden, dass man ihren fremden Ursprung nicht mehr bemerkt, z. B. die Gallizismen aus dem Französischen wie Büro, Toilette, Abonnement.

Kontamination. Zwei Wörter werden zu einem neuen Wort verschmolzen: Motel (aus Motor und Hotel); Brunch (aus Breakfeast und Lunch); Smombie aus Smartphone und Zombie); Wikipedia (aus wiki hawaiisch = schnell und Enzyklopedie).

Neubildung, Neologismen. Dass ein Wort völlig neu erfunden wird, ist selten und setzt sich meist nicht durch. So wie „sitt“, das – analog zu satt – als Wort für den Zustand, genug getrunken zu haben, eingeführt werden sollte. Keiner benutzt den Neologismus. Das Wort „Handy“ ist eine rein deutsche Neubildung. Völlig neue Benennungen werden für Produkte und Marken erfunden. Es gibt Agenturen, bei denen man sich neue Wörter konstruieren und kaufen kann: Persil; Volvo; Evonic; Twingo; Solano; Amaris; Mégane.

Dass eine Sprache sich weiterentwickelt, das zeigt sich besonders an den Veränderungen im Vokabular. Welche Wörter jeden Tag neu aufkommen, kann man auf der Website  der Wortwarte unter dem Menüpunkt „Wörter von heute“ nachschauen. (27.01.2018)

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