Esperanto

Heute vor 100 Jahren starb der Entwickler des Esperanto, Ludwig Lejzer Zamenhof. Er war kein Linguist, sondern Augenarzt, sein Pseudonym Dr. Esperanto (= Hoffender) hat der Plansprache ihren Namen gegeben. Seine Hoffnung: Mit einer internationalen Sprache wollte er zur Völkerverständigung beitragen. Jeder sollte seine Muttersprache sprechen und als interkulturelle Zweitsprache mit Esperanto kommunizieren.

Dazu konstruierte er eine Sprache, die möglichst einfach zu erlernen sein sollte: Die Wörter entstammen meist romanischen Sprachen, sie wurden so gewählt, dass sie in mehreren indogermanischen Sprachen vorkommen, z. B. Esperanto lampo‚ deutsch Lampe, englisch lamp, französisch lampe, polnisch lampa usw. Auch die Grammatik ist einfach gehalten: eindeutige Phonem-Graphem-Zuordnung, nur ein Schema der Konjugation, unveränderliche Wortstämme, keine Ausnahmeregeln usw. Seine erste Version von 1887 enthält nur 16 Grammatik-Regeln!

Esperanto hat sich nicht durchgesetzt, es wurde von den Nationalsozialisten verboten und unter Stalin wurden Esperantisten verhaftet und deportiert. Aber Esperanto ist auch nicht untergegangen wie vergleichbare Versuche, z.B. das Volapük der deutschen Pfarrers Johann Martin Schleyer. Der Esperanto-Weltbund hat seinen Sitz in Amsterdam und es existieren zahlreiche nationale Organisationen wie der Deutsche Esperanto-Bund. Es werden Kongresse abgehalten und sie Sprache wird weiter entwickelt.

Esperanto wäre auch eine Lösung für das leidige Sprachenproblem in der EU, die 24 Sprachen als Amts- und Arbeitssprechen anerkennt und sich bisher auf keine einheitliche europäische Verwaltungssprache einigen konnte. Englisch ist ein naheliegender Kandidat, aber dagegen ist vor allem La Grande Nation und auch Deutschland würde gern das deutsche als Verwaltungssprache sehen. Derzeitige müssen alle Dokumente in englischer, französischer, deutscher und niederländischer Sprache ausgetauscht werden, Verträge werden in bulgarischer, dänischer, deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, irischer, italienischer, kroatischer, lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist. Die Übersetzungskosten sind immens!

Esperanto als Verwaltungssprache hätte den Vorteil, dass diese Sprache alle erlernen müssen, aber es eine relativ einfache Sprache ist. Zudem ist sie den machtpolitischen Interessen der Mitgliedländer entzogen. Nach dem eingeleiteten Brexit und der drohendenden wirtschaftlichen Abschottung der USA wäre das gegenüber dem Englischen ein starkes Zeichen des europäischen Zusammenhalts. Aber mit einer derartigen Sprachpolitik ist nicht im Traum zu rechnen. Zum Thema empfehle ich sehr Texte des Tübinger Interlinguisten Gerd Simon:

https://homepages.uni-tuebingen.de//gerd.simon/sprachpolitik1.htm
https://homepages.uni-tuebingen.de//gerd.simon/Europagedanke.pdf
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-4128

Flagge_Esperanto

Die Flagge der Sprache Esperanto und der mit ihr verbundenen Bewegung von Gabriel Ehrnst Grundin. Quelle: Wikimedia Commons (14.04.2017)

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