Historischer Humor 3

Schwiegermutterwitze kommen Anfang des 19. Jahrhunderts auf, der erste Beleg stammt 1845 aus den Fliegenden Blättern, einem Witzblatt für gutbürgerliche, biedermeierliche Adressaten. Dabei handelt es sich immer um die Mutter der Ehefrau, also um Konflikte zwischen dem Ehemann und seiner Schwiegermutter. Mit der Aufklärung war die Liebesheirat freier und selbstbestimmter Personen ein Ideal, dem die realen Eheschließungen nicht immer entsprachen. Die Geldheirat einer sozial höherstehenden und wohlhabenden Frau war keine Seltenheit. Der patriarchalische Hausvater war damit aber nicht nur finanziell, sondern auch psycho-sozial abhängig von Ehefrau und eben ihrer Mutter als Vertreterin der Herkunftsfamilie. Entweder wohnt sie im Haushalt oder kommt – oft überraschend – zu Besuch. Schon Freiherr Adolph Franz Friedrich Ludwig Knigge schrieb ungewohnt scharf: „Allein bete, dass der Himmel Dich bewahre vor solchen alten Hexen von Schwiegermüttern, die alles wissen, alles tun und, wenn sie auch dumm wie das Vieh sind, dennoch alles dirigieren wollen.“ (1796, S. 75). Daraus entwickelte sich ein Witzstereotyp, das bis heute angewendet wird.

Wissen Sie, Frau Schwiegermutter, was für ein Unterschied zwischen einem Knödel und uns zwei ist? Der Knödel raucht, wenn er heiß wird, und Sie werden heiß, wenn ich rauche!“ (Fliegende Blätter 28, 1858, Nr. 670, S. 142)

Mieterin: „Die Waschküche ist schön! Aber haben Sie auch einen Speicher zum Wäscheaufhängen?!“ – Hausherr: „Allerdings! Doch das muss ich Ihnen gleich sagen: hier lasse ich nur meine Schwiegermutter aufhängen!“ (Fliegende Blätter 84, 1886, Nr. 2121, S. 94)

Soweit zwei Witzbeispiele. Das erste thematisiert die familiäre Stellung des Ehemannes, der sich Verhaltensvorschriften unterwerfen soll. Der zweite Witz benutzt das verselbstständigte Stereotyp der bösen Schwiegermutter, ein konkreter Konflikt wird gar nicht mehr angesprochen. (04.04,2016)

Schwiegermutter

Mit Bart, aber noch immer vorhanden: Die Schwiegermutter mit Nudelholz als Witzfigur. Foto: Max Steinacher.

Quelle: Nobert Neumann (1986): Vom Schwank zum Witz. Zum Wandel der Pointe seit dem 16. Jahrhundert. Frankfurt/New York, Kapitel 6.

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