Ü-Ei

Der Erfinder des Überraschungseis, William Salice, ist im Alter von 83 Jahren verstorben. Er hatte bei Ferrero die zündende Idee, Eier aus Schokolade mit gelben Plastikkapseln zu füllen, in denen allerlei Spielzeug versteckt war. So konnten die Eier nicht nur Ostern, sondern das ganze Jahr verkauft werden und erfüllten drei Kinderwünsche auf einmal: „Bringst Du mir etwas mit? Was Spannendes, was zum Spielen. Und Schokolade!“ Die Kinderschokolade kann man vergessen, sie schmeckt nur süß und nicht nach Kakao, aber die Figurenserien und Spielbausätze waren beliebt. Die Figuren – es begann mit den Schlümpfen – wurden zu begehrten Sammlerobjekten. Es wurden sogar Fälschungen in Umlauf gesetzt, weil Ferrero eine Figur der Serie verknappte, um den Kauf anzukurbeln. Man konnte im Supermarkt Erwachsene beobachten, die ein Ei nach dem anderen am Ohr schüttelten, um auf den Inhalt zu schließen. Die Spielzeugbausätze waren einer Herausforderung für die Väter, denn die Kleinteile waren für die Finger schwer greifbar. Bauanleitungen aus Ü-Eiern habe ich in meinen Seminaren zur technischen Kommunikation eingesetzt. (01.01.2017)

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Explosionszeichnung zum Zusammenbau einer Figur aus einem Überraschungsei. Scan: St.-P. Ballstaedt

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Tutti Frutti

Dass man auch mit über 70 noch für die Gesellschaft nützlich sein kann, das zeigt das Beispiel des Entertainer Jörg Draeger, der heute das Comeback von Tutti Frutti moderieren darf. An die Erotik-Show mit „Tittenonkel“ Hugo Egon Balder kann ich mich gut erinnern, die ich 1990 -1993 hin und wieder aus fernsehkritischen Motiven rezipiert habe. Die harmloseste Art, Sex zu präsentieren. Auch Gabriela aus Gütersloh durfte unter erotisch anmutenden Verrenkungen ihren BH vom Körper reißen, der Slip bliebt immer an. Gewagt war damals allerdings der Männerstrip, den man einschob, um Kritik an der Frauenfeindlichkeit der Show zu unterlaufen. Nach Aussage des verantwortlichen Redakteurs bei RTL Nitro soll das neue Format „edel und nicht schlüpfrig“ werden. Das habe ich befürchtet. (30.12.2016)

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Früchte sind als Symbole für Erotik und Fruchtbarkeit beliebt: Aprikose, Pflaume, Apfel, Tomate, Orange, Granatapfel. Food Fotograf: St.-P. Ballstaedt

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Like!

Emojis

Glücklicher Semiotiker bei der Kommunikation mit einem Emoji. Foto: E. Hornung-Ballstaedt (28.12.2016)

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Trümmerdeutsch

Im SPIEGEL 52/2016 hat der Journalist Stefan Berg ein Essay veröffentlicht, in dem er den Sprachgebrauch im Netz als „verbale Inkontinenz“ kritisiert. Er stellt gegen diese „Verhappungsverknappungsmaschinerie“ ein Plädoyer für den langen und syntaktisch anspruchsvollen Satz. Das Argument: Die Wirklichkeit ist komplex und lässt sich nicht adäquat in einfachen Sätzen beschreiben: „Die Wahrheit braucht lange Sätze.“ Einer differenzierten Sprache entspricht auch ein differenziertes Denken, umgekehrt ist eine einfache Sprache Indikator für ein schlichtes Denken. Das hatten wir in der Soziolinguistik schon einmal als elaborierten und restringierten Sprachgebrauch (Basil Bernstein). Die These ist durchaus plausibel, denn ein komplexes Satzgefüge enthält über Relativsätze und Konjunktionalsätze inhaltliche Verknüpfungen. Wer nur kurze Phrasen formuliert, der denkt auch weniger in Zusammenhängen. Einfache Sätze lassen viele inhaltliche Beziehungen implizit und sind deshalb offener für Missverständnisse und Interpretationen. Wer lange komplexe Sätze formuliert, der lässt sich auch Zeit, seine Gedanken zu entwickeln und schreibt nicht bei jedem Impuls sofort einen Tweet.

Aber stimmt die Gleichung? Ist ein komplexer Satz grundsätzlich der Ausweis eines differenzierten und wahrhaftigen Denkens? Oder kann er nicht auch Beleg für geistige Wirrnis und unausgegorene Gedanken sein? Komplexe Formulierungen und verbales Imponiergehabe tarnen oft die Dürftigkeit der Argumente und das Motiv des Verschleierns. (28.12.2016)

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Weihnachtskarte

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Diese elektronische Weihnachtskarte habe ich von der Tanner AG aus Lindau am Bodensee bekommen. Entworfen wurde sie natürlich am Standort Berlin. (23.12.2016)

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Trump-Gebärde

Nach dem Wort des Jahres in Deutschland, jetzt eine Gebärde des Jahres in der Schweiz. Die Lexikon-Kommission des Schweizerisch Gehörlosenbunds hat unter etwa 250 neuen Gesten diejenige für Donald Trump ausgewählt: Die Trump-Gebärde ist nachahmend bzw. ikonisch und zeigt, wie er sich mit der rechten Hand seine Föhnfrisur bändigt.

Wie kommt so eine Geste zustande? Wenn ein neuer Begriff auftaucht, wird das dazugehörige Wort zunächst mit dem Fingeralphabet buchstabiert. Das ist umständlich, deshalb entstehen intuitiv und spontan eine oder auch mehrere gestische Varianten, die prägnanteste breitet sich dann aus. (20.12.2016)

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Die neue Trump-Gebärde mit passendem Gesichtsausdruck. Übrigens wird auch Hillary Clinton über die Frisur gestisch bezeichnet: Man teilt die Hände über dem Kopf, um ihren Scheitel nachzuahmen. Foto: E. Hornung-Ballstaedt

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Tellerrand

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Visualisierte Redewendung: der Blick über den Tellerrand. Feministisches (?) Stencil am Tübinger Nonnenhaus. Foto: St.-P. Ballstaedt (17.12.2016)

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Fake News

Das Adjektiv „postfaktisch“ hat es zum Wort des Jahres 2016 geschafft, berechtigt, denn es ist nicht nur ein Lieblingswort des Feuilletons und der Politik, sondern fokussiert einen zentralen Aspekt unserer Gesellschaften.

Lügen, Falschmeldungen, Über- und Untertreibungen, Gerüchte, Vermutungen, Auslassungen, zugespitzte Polemiken, üble Nachrede usw. hat es schon immer gegeben. Desinformation wurde und wird gezielt verbreitet: im militärischen Bereich (Spionage), in der Wirtschaft (Werbung und PR), in der Politik (Propaganda). Drei Dinge haben sich aber geändert:

  1. Jeder, der einen Computer benutzt, kann jetzt mitmachen. Die Anonymität, hinter der versteckt man jede Behauptung in die Welt setzen kann, verlockt dazu, mit einer erfundenen Behauptung oder einem manipulierten Bild eine große Resonanz zu erzeugen. Das ist für viele offenbar attraktiv, es bestärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit, das in der Lebenswirklichkeit vielleicht wenig ausgeprägt ist.
  2. Die virale Verbreitung von Informationen über das Internet und die sozialen Netzwerke geht rasend schnell und ist kaum aufzuhalten. Es ist unglaublich, wie viel massiv tendenziöse und manipulative Informationen im Netz verbreitet werden. Nur in meinem Blog wurden in drei Jahren 11.318 Spam-Meldungen ausgefiltert und 20.938 Anmeldeversuche blockiert! Das Internet verkommt zur kommunikativen Müllgrube.
  3. Es gibt Adressaten für Fake News, die in dem Angebot an Informationen verloren sind und die darauf gieren, genau das zu lesen und zu hören, was ihre vorgefasste Meinung verstärkt. Es schimpfen gerade die über die einseitige Lügenpresse, die selbst an Einseitigkeit ihres Weltbildes kaum zu übertreffen sind. Sie wollen nichts zur Kenntnis nehmen, was eine kognitive Dissonanz erzeugen und sie verunsichern könnte.

Sollte man das Verbreiten von Falschmeldungen unter Strafe stellen, wie jetzt in der Politik gefordert wird? Ein entsprechendes Gesetz würde vermutlich eine Welle von Anklagen zu unliebsamen Behauptungen zur Folge haben, denn zwischen gesicherten Tatsachen und deren Interpretation existiert eine Grauzone.

Besonders der Journalismus ist jetzt gefordert, sich auf seine gesellschaftlichen Aufgaben zu konzentrieren: Recherchieren, Berichten, Kommentieren, d. h. Einordnen und Bewerten. Das ist eine schwierige Aufgabe, denn auch Journalisten und Journalistinnen sind auf Quellen angewiesen, auch sie haben Meinungen und Einstellungen. Und es gibt immer verschiedene Bezugsrahmen, in denen Fakten interpretiert werden können. Auch Journalisten und Journalistinnen sind nicht unfehlbar, aber sie müssen Vorbilder im Umgang mit Informationen sein. (14.12.2016)

Nachtrag: Zwei Artikel zum Thema: „Gegen Fake News hilft kein Gesetz“ von Sascha Lobo auf SPIEGEL Online. Und ein Ratgeber: „Alles was sie jetzt über Fake News wissen müssen“ auf der Satiresite „Der Postillon“.

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Magic Mushrooms

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Das sind doch nicht etwa psilocybinhaltige Pilze in der Tübinger Nauklerstraße? Foto: St.-P. Ballstaedt (13.12.2016)

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Bunga Bunga

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Ist das nicht zu früh für RIP? Wer kommt wohl nach Gentiloni? Gefunden in Tübingen in der Keplerstraße. Foto: St.-P. Ballstaedt (11.12.2016)

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