Historische Semantik

Die Historische Semantik ist ein Zweig einer hermeneutischen Geschichts- bzw. Kulturwissenschaft, die den historischen Bedeutungsgehalt von Wörtern untersucht: Welche Bedeutungen verbergen sich hinter einem Wort, das z. B. in der Antike oder im Mittelalter verwendet wird.

In der Biografie des Ritters Oswald von Wolkenstein, die Dieter Kühn vorgelegt hat, habe ich ein schönes Beispiel gefunden. Der Biograf macht sich mehrfach Gedanken darüber, ob und wie eine sprachliche Verständigung mit dem spätmittelalterlichen Menschen möglich wäre. Sein Beispiel ist das Wort „Wald“. Wald ist für uns heute eine größere Ansammlung von Bäumen, eine forstwirtschaftliche Nutzfläche, die auch zur Erholung dient und auf der Flora und Fauna genau kontrolliert werden. Im Mittelalter bedeckte Wald beinahe ganz Europa und war nur von wenigen Wegen zwischen Dörfern, Burgen und Städten durchschnitten. Der Wald war dicht und dunkel und es hausten darin gefährliche Wölfe und Bären. Zudem lauerten Räuber im Wald, man war froh, wenn man wieder heil aus ihm herauskam. Das Wort „Wald“ hat also bei Oswald von Wolkenstein ganz andere Konnotationen als bei Dieter Kühn: „Nein, wir könnten uns nicht einmal bei einem Wort wie „Wald“ verständigen, ohne ausführliche Kommentare, längere Demonstrationen. Und das wäre so bei fast jedem Wort, mit dem wir unsere Umwelt bezeichnen, er seine, ich meine.“ (S. 50). Später in der Romantik bekommt der Wald wieder eine ganz andere Bedeutung. (14.08.2016)

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Dicht und undurchdringlich, ein Bannwald im Schwarzwald kann eine Vorstellung von ursprünglichen Wäldern vermitteln. Foto: St.egimal, Wikimedia Commons

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Ernährungstipp

Apfel

An apple a day keeps the doctor away. An der Hauswand in der Hinteren Grabenstraße in Tübingen. Foto: St.-P. Ballstaedt (12.08.2016)

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Exit

Wenn aus zwei Wörtern eines zusammengebastelt wird, spricht man von einer Wortkreuzung, Wortmischung oder Wortverschmelzung, wer es gern mit einem Fremdwort ausdrückt einer Kontamination oder Amalgamierung. Das entstandene Kunstwort ist ein Kofferwort, Schachtelwort, wer es gern mit einem Fremdwort ausdrückt ein Portmanteau-Wort. Die Wortbildung „Grexit“ aus Exitus (lat. = Herausgehen, Ausgang) und Griechenland hat etliche Nachfolger gefunden, am prominentesten der Brexit. Der Filmemacher Volker Heise sieht aber noch andere politische Möglichkeiten: Euxit (raus aus der EU), Naxit (raus aus der Nato) und für die AfD den Moxit (raus mit den Moslems).(11.09.2016)

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Skript: Mit Bildern instruieren

Noch ein Skript, das ich in der Aus- und Weiterbildung von technischen Redakteuren eingesetzt habe. Es enthält das theoretische Hintergrundwissen für die effektive Gestaltung verschiedener Bildtypen. (08.08.2016)

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Schlüpferstürmer

Unter diesem Namen wurde in Miniaturflaschen ein süßer Likör (Schlehen und Rum) vertrieben, der angeblich als Aphrodisiakum eine enthemmende Wirkung entfalten sollte. Das Etikett zeigt eine entsprechend anzügliche Abbildung. Im Sortiment war auch ein „Busengrapscher“, ein „Blusenöffner“ und ein „Schenkelspreizer“. Derartige Produktbezeichnungen wurden in einem Urteil des BGH vom 18.05.1995 (I ZR 91/93) als diskriminierend und die Menschenwürde der Frau verletzend eingestuft. Die Bezeichnung ist somit sittenwidrig und verboten. Für die Spirituosenindustrie ein harter Schlag. (07.08.2016)

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Der “Schlüpferstürmer” ist verboten, die „Wilde Pflaume“ ist uns noch geblieben. Aber den Dosenöffner sollte man noch unter die Lupe nehmen. Quelle: http://miniaturflaschen.de.tl/Galerie/pic-1000404.htm und http://trade.mar.cx/DE1129440

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Herakut

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Das Graffiti-Duo Herakut besteht aus Jasmin Siddiqui alias Hera aus Heidelberg und Falk Lehmann alias Akut aus Schmalkalden. Sie bereisen die Welt, um großflächige Wände zu gestalten. Eines ihrer neuesten Werke habe ich durch Zufall in Heidelberg entdeckt. Die Wanderöffnung in der Philipp-Otto-Runge-Straße war erst am 12.7.2016. Quelle: zabax und St.-P. Ballstaedt (05.08.2016)

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Seufzen

Mein Wort des Monats August ist lautmalerisch und altmodisch: „den athem mit einem diesem zeitworte gemessenen Klange in sich ziehen und wieder ausstoszen.“ Der Seufzer gilt als Zeichen unterdrückten Kummers, des Bangens und Sehnens und der Resignation. Das Verb ist eine Ableitung aus dem althochdeutschen „suffan“, das „trinken“ bzw. „schlürfen“ bedeutet und auf das auch „saufen“ zurückgeht! Mittelhochdeutsch dann „siufzen“. Das Suffix „zen“ ist ein Intensitiv, der auch in „ächzen“ oder „schluchzen“ erhalten ist. Seufzen steht zu saufen wie schluchzen zu schlucken. (03.08.2016)

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Natürlich gib es auch seufzende Smileys und Emojis. Quelle: http://media.photobucket.com/

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Auftrieb

Toilettenzugang

Mühsamer Zugang zu den Toiletten auf der Burgruine Windeck bei Weinheim an der Bergstraße. Foto: St.-P. Ballstaedt (01.08.2016)

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Pirqas al Sur

So nennt sich ein Künstlerkollektiv aus Argentinien, das großflächige Wandbilder, sogenannte Murales gestaltet. Sie greifen Anliegen sozial benachteiligter Gruppen in Buenos Aires auf, wobei die Betroffenen immer in die Gestaltung mit einbezogen werden. Auf Lateinamerikafesten haben sie auch in Deutschland etliche Wandbilder hinterlassen. (28.07.2016)

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Aufstand der Farben: Murales in Tübingen in der Schellingstraße aus dem Jahr 2012. Foto: Max Steinacher

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Medusa

Das italienische Modehaus Versace ist für extravagante Kreationen bekannt: grelle Farben, sexy und figurbetonte Schnitte, auffällige Verzierungen, vor allem immer unkonventionell. Das Logo der Marke zeigt das Haupt der Medusa.

Die Gorgonin Medusa war in der griechischen Mythologie ursprünglich eine Schönheit mit langen Haaren. Als Athene sie in einem ihrem Tempel beim Liebespiel mit dem sexuell sehr aktiven Poseidon erwischte, verwandelte sie Gorgo aus Eifersucht in ein Ungeheuer mit verzerrtem Gesicht, Schweinshauern und Schlangenhaaren, bei deren Anblick jeder Mann zu Stein erstarrte. Erst Perseus konnte sie mit etlichen Tricks enthaupten und benutze das abgeschlagene Haupt dann als Waffe gegen seine Gegner. So hielt er den Kopf dem Titanen Atlas entgegen, der zu Sein erstarrte: zum Atlasgebirge in Marokko.

Das Versace-Logo zeigt Medusa in einem Kreis aus einem Mäander-Ornament nicht in abstoßender Gestalt, sondern vor ihrem Date mit Poseidon als selbstbewusste und verführerische Frau mit langem Haupthaar, das die Schlangen nur erahnen lässt.

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Das Gorgonenhaupt mit wallendem Haar, vollen Lippen und offenen Augen. Das Mäandermuster ist in den Saumbund übernommen. Quelle: Versace.

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