Grundsätzlich ist Skepsis angebracht, was besondere psychische Zustände betrifft: Erweckungserlebnisse, erweiterte Bewusstseinszustände, hypnotische Trance, religiöse Visionen, Marienerscheinungen u.a.m. Man sollte jedoch ein Erlebnis nicht allein deshalb ablehnen, weil man es selbst nicht kennt. Viele paranormale Bewusstseinszustände lassen sich im Rahmen unserer neuronalen Wissen erklären.
Ein Beispiel: Nahtod-Erlebnisse oder End-of-life experience (ELE). Immer wieder liest man von ähnlichen Erfahrungen an der Schwelle zum Tod: helles Licht und umfassende Wärme, das Leben zieht schnell vorüber, paradiesische Landschaften, Verschmelzen mit dem Universum, Out-of-body-Erfahrung usw. Klingt vielversprechend, aber wie aktuelle Untersuchungen zeigen, sind die Nahtod-Erlebnisse gar nicht so einheitlich, sondern geprägt von religiösen und kulturellen Vorstellungen.
Nach Eintritt des Herztods stellt das Gehirn seine Tätigkeit nicht ein, Neurologen haben danach Entladungswellen gemessen, die sich über das Gehirn ausbreiten und durchaus noch für Erlebnisse zuständig sein können. Aber welche das sind, ist verständlicherweise vom individuellen Gehirn abhängig. So berichten Menschen, die in derDDR sozialisiert wurden, häufiger von negativen und angstbesetzten Inhalten, hier fehlen schlicht die positiven religiösen Vorstellungen. (02.05.2025)
Schmied-Knittel, Ina (2022). „Der Tod, mein schönstes Erlebnis“: Individuelle und gesellschaftliche Bedeutungszuschreibungen von Nahtoderfahrungen. In: S. Gripentrog-Schedel, J. Kugele, E. Popkes (Hrsg.). Grenzarbeiten auf der Nulllinie: Nahtoderfahrungen in interdisziplinärer Perspektive. (S. 55-68). Kiel: Universitätsverlag. https://doi.org/10.38072/978-3-928794-66-4/p4
Ausschnitt aus Hieronymus Bosch: Aufstieg der Seligen (etwa 1500 -1504). Durch einen Tunnel ins Licht, das ist ein oft berichtete Nahtod-Erfahrung. Quelle: Wikipedia Commons
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