Wieder einmal ist mir ein Wort aufgefallen, das im Journalismus immer wieder benutzt wird:
„Wenn die Leute also zum Teil beschämt waren, besteht noch Hoffnung, dass die Leute sich dort nicht von der Propaganda einlullen lassen.“ (www.focus.de, gesammelt am 19.03.2022, Wortschatz Leipzig)
Ursprünglich ist „lullen“ im Neuhochdeutschen ein lautmalerisches Wort, das die Geräusche eines saugenden Kleinkinds nachahmen soll, es steht für saugen und lutschen. Der Luller oder die Lulle ist ein Schnuller, später auch für die Zigarette als Schnuller für Erwachsene. Noch im 16. Jahrhundert wird es in der Schriftsprache verwendet, dann wird es in die Mundart verschoben und bekommt dort die zusätzliche Bedeutung von „harnen“, in der Kindersprache „lullu machen“, möglichst in einen Lüllpott. In der Umgangssprache führt dies zum Lullermann als ausführendes Organ.
Schon bei den Brüdern Grimm wird eine zweite Bedeutung aufgeführt, die vermutlich auch mit dem Stillen zu tun hat: eine Melodie vor sich hinsingen, z.B. ein Wiegenlied. So bei Heinrich Heine im »Romanzero«:
„Und es hat der goldne Tajo/Ihm sein Wiegenlied gelullet.“
Jemanden einlullen bedeutet, ihn mit rührseligen und schnulzigen Liedern ruhig stellen. Der Einluller ist erst ein Sänger, dann wird das Wort auf andere Personen übertragen, z.B. Handelsvertreter oder Politiker. (03.12.2024)