Dunkle Gefühle

Im allgemeinen christlichen Schuldbekenntnis bekennt der/die Gläubige: „Ich habe gesündigt in Gedanken, Worten und Werken durch meine Schuld.“ Psychologisch ist das ein strenge Moral, denn für unsere Taten sind wir verantwortlich, aber nicht für unsere Träume, Fantasien und Gefühle, in denen sich primitive, archaische Relikte aus der animalischen Evolution melden. Hass, Wut, Aggression, Neid, Hochmut, Rachsucht, Eifersucht, Schadenfreude, Habgier, das ist eine Liste von Gefühlen, die man sich ungern eingesteht. Aber jeder hat schon einmal Gefühle, Gedanken und Vorstellungen bei sich beobachtet, die ihn selbst erschrecken und für die er sich schämt. Eine Weigerung, diese dunklen Seiten der Psyche anzuerkennen, sie zu verleugnen oder zu verdrängen, bringt uns um wichtige Selbsterkenntnisse.

Kultur und Gesellschaft fordern und kontrollieren eine Disziplinierung der dunklen Gefühle. So hat die „klammheimliche Freude“ des Göttinger Mescalero nach der Ermordung des Generalbundesstaatsanwalts Buback große Empörung ausgelöst. Fällt die soziale Kontrolle weg, wie in den sozialen Medien, dann brechen sie sich ungehemmt Bahn. Im zwischenmenschlichen und politischen Bereich werden dunkle Gefühle durchaus bewusst taktisch gepflegt, um angestrebte Ziele zu erreichen. Sonst wäre ein strenges Schuldbekenntnis auch überflüssig.

Noch ein Tipp: Der belgische Comiczeichner André Franquin hat einige Bände „Schwarze Gedanken“ herausgegeben, in denen er seinen dunklen Gefühlen freien Lauf lässt. Sehr böse! Leider darf ich kein Bildbeispiel zeigen. (13.10.2025)

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