Kaputte Wörter

Der Journalist und Kulturredakteur Matthias Heine hat schon mehrere Bücher über Wörter vorgelegt: über verbrannte oder eingewanderte Wörter, über Wörter der Jugendsprache, über Tiere in der Sprache (Affenzahn und Eselsbrücke). Jetzt kann man eine neues Buch von ihm lesen:

Matthias Heine: Kaputte Wörter? Vom Umgang mit heikler Sprache. Berlin: Dudenverlag, 2022.

Man beachte das Fragezeichen im Titel! „Ich gehe von der Grundüberzeugung aus, dass keine Regierung, keine Behörden und erst recht keine Minderheiten den 200 Millionen Deutschsprechern vorzuschreiben haben, welche Wörter sie gebrauchen.“. Da wird er aber Ärger bekommen, da die aktuelle Sprachkritik  einen  korrekten Wortgebrauch einfordert. Nicht mehr gebrauchsfähige Wörter sind z.B.: behindert, anschwärzen, Curry, Indianer, Landstreicher, Naturvolk, Hasenscharte, um nur ein paar aufzuführen. Unbedacht ausgesprochen können derartige Wörter erhebliche Kommunikationsstörungen auslösen.

Der Autor rekonstruiert die aktuelle Kritik an einem bestimmten Wort durch die Geschichte seines Bedeutungswandels. Die Bedeutung eines Wortes wird ja mit dem lautlichen oder grafischen Zeichen nicht mitgeliefert, sondern entsteht im Kopf der Sprachbenutzer. Ein Wort wie Schwuler wurde lange diskriminierend benutzt, jetzt ist es eine selbstbewusste Eigenbezeichnung. Wie sagt nicht Wittgenstein: „Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache.“ Wenn das stimmt, dann macht es schon einen Sinn, sich über den Gebrauch eines Wortes mit problematischen Konnotationen klar zu werden und das Wort in bestimmten Gebrauchskontexten zu vermeiden. Wir brauchen aber keine Sprachwächter, die wie die Trüffelschweine nach versteckten Diskriminierungen suchen. (25.10.2022)

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