Sorgfalt

Früher waren Metaphern ein rhetorisches Stilmittel, um Texte anschaulich und interessant zu gestalten. Inzwischen weiß man, dass Metaphern ausgerechnet für die Bildung von abstrakten Wörtern wichtig sind. Ein Wort ist abstrakt, wenn sein Referent in der Wirklichkeit nicht mit den Sinnen wahrnehmbar ist. Während konkrete Wörter in direkten Erfahrungen mit der Umwelt gelernt werden, werden abstrakte Wörter über die Sprache gelernt. Dementsprechend können abstrakte Wörter nur schwer eine visuelle oder andere Vorstellung auslösen.

Ein schönes Beispiel ist das Abstraktum „Sorgfalt“. Ein Nomen, das aus dem Adjektiv „sorgfältig“ abgeleitet wurde, mittelhochdeutsch „sorcveltic“. Sorgfältig bedeutet ursprünglich „vor Sorge voller Falten“. Diese anschauliche Bedeutung verblasst mit der Zeit, bei der Sorgfalt denkt niemand mehr an Sorgenfalten. Die Bedeutung von „sorgfältig“ hat sich verschoben auf ein Spektrum von gründlich und achtsam bis pedantisch und pingelig. Aber eine derartige Charaktereigenschaft sorgt wohl auch oft für Sorgenfalten auf die Stirn. (10.03.2018)

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