Der Gebrauch von Wörtern hat Konsequenzen. Das zeigt die Debatte, ob man das Vorgehen der israelischen Regierung in Gaza als Genozid bezeichnen kann, als bewusstes politisches Ziel oder als Kollateralschaden bei der Bekämpfung der Hamas. Genozid ist ein im Völkerrecht definierter juristischer Begriff in der UN-Konvention über Verhütung und Bestrafung des Völkermords, die 1951 in Kraft trat.
Die Konvention definiert Völkermord als „eine der folgenden Handlungen, begangen in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören:
a) das Töten von Angehörigen der Gruppe,
b) das Zufügen von schweren körperlichen oder seelischen Schäden bei Angehörigen der Gruppe,
c) die absichtliche Unterwerfung unter Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung der Gruppe abzielen,
d) die Anordnung von Maßnahmen zur Geburtenverhinderung,
e) die zwangsweise Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.“
Diese Kriterien kann jeder auf die Situation in Gaza anwenden und zu einer Entscheidung kommen. Der Internationale Gerichtshof behandelt derzeit dieses Problem, aber ein Urteil wird noch eine Weile auf sich warten lassen.
Würde der Begriff „Genozid“ für das Verhalten Israels als korrekt anerkannt, hätte das erhebliche politische Konsequenzen, denn das Völkerrecht sieht darin ein Verbrechen, das Strafen nach sich ziehen muss. Die Unterzeichnerstaaten müssten eingreifen, Deutschland dürfte keine Waffen mehr liefern, Mitglieder der israelischen Regierung müssten außerhalb des Landes festgenommen werden usw.
Damit ist verständlich, warum der Begriff „Genozid“ von Politikern gemieden und von Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen gesprochen wird. Das klingt nach harten moralischen Verurteilungen, hat aber politisch zunächst keine Konsequenzen. (08.08.2025)