Buchstabierhilfen

Ursprünglich waren Buchstabierhilfen beim Telefonieren wichtig, weil die Übertragung noch oft schlecht war und deshalb Missverständnisse ausgeräumt werden mussten. Die erste Idee 1890 war eine Buchstabiertafel, die den Buchstaben Zahlen zuordnete: A wie eins, B wie zwei, C wie drei usw. Das war aber umständlich, da den Fernsprechteilnehmenden die Liste immer vorliegen musste.

1903 werden deshalb den Buchstaben Vornamen zugeordnet: A wie Albert, B wie Bertha, C wie Citrone . Das letzte Beispiel zeigt, dass man zu einer unverwechselbaren Übertragung nicht immer einen Vornamen gefunden hat, das gilt auch für Q wie Quelle und Y wie Ypsilon. Besonders das Militär ist an einer verbindlichen und verständlichen Buchstabiertafel interessiert.

Nach verschiedenen kleinen Änderungen wird es 1933 interessant, als  die Oberpostdirektion eine Postkarte erreicht, in der die jüdischen Namen D wie David, N wie Nathan, S wie Samuel, Z wie Zacharias als für nationale Kreise nicht akzeptabel ausgemerzt und durch deutsche Namen wie Dora oder Siegfried ersetzt werden sollen. Für N fiel den Reformern nicht zufällig Nordpol ein, nach der Geschichtsschreibung der Nazis stammten von dort die Arier!

Derzeit sitzt man im Deutschen Institut für Normung an einer Überarbeitung der Buchstabiertafel. Jetzt soll auf Vornamen völlig verzichtet werden, denn sie spiegeln die kulturelle Diversität der Bevölkerung nicht mehr wieder, zudem müsste man die gleiche Anzahl männlicher wie weiblicher Vornamen wählen. Jetzt sollen es deutsche Städtenamen werden, also z.B. A wie Aachen, B wie Berlin, W wie Worms. Hoffentlich im Proporz der Bundesländer und keine Schattenorte wie D wie Dachau, N wie Nürnberg, P wie Potsdam.

Meine Kenntnisse habe ich aus: Clemens Schwender: Wie benutze ich den Fernsprecher? Die Anleitung zum Telefonieren im Berliner Telefonbuch 1881-1996/97.  Frankfurt am Main: Peter Lang, 1997. (21.04.2021)

Wer hat`s erfunden? Eine Schweizer Buchstabentafel an einem Militärtelefon vorwiegend mit Städtenamen. Quelle: Wikimedia Commons.

3 Responses to Buchstabierhilfen

  1. Matthias Melcher 22. April 2021 at 16:01 #

    Hoffentlich merken die eifrigen Reformer noch rechtzeitig, dass einsilbige Städtenamen wie Worms oder Köln ungeeignet sind. Wer mal beim Hörgeräteakustiker den Test mit den vielen kontextlosen einsilbigen Wörtern gemacht hat, der weiß warum.

    • SP Ballstaedt 22. April 2021 at 17:37 #

      Soweit ich weiß, wurden Hörtests durchgeführt, um Namen zu finden, die klar diskriminierbar und unverwechselbar sind.

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  1. T wie Tübingen | Steffen-Peter Ballstaedt - 18. August 2021

    […] ein paar Monaten habe ich bereits berichtet, dass das Deutsche Institut für Normung (DIN) das Buchstabieralphabet überarbeitet. Die bisher verwendeten Vornamen- 16 Männer-  und sechs Frauennamen – sind nicht […]

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