Fräulein

Heute vor 50 Jahren veranlasste der Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher in einem Runderlass für die Behörden, für jede weibliche Erwachsene die Anrede „Frau“ zu verwenden. Das war das offizielle Ende für das Fräulein als Bezeichnung für eine unverheiratete Frau. Ursprünglich waren Frau und Fräulein Bezeichnungen für Adelige (wie Herr und Junker). Die beiden Wörter haben eine interessante Geschichte, die in einem Wikipedia-Beitrag referiert wird.

Die Frauenbewegung der 70er Jahre verurteilte die Bezeichnung Fräulein, weil dadurch eine weibliche Person erst durch die Heirat mit einem Mann als erwachsene Frau angesehen wurde. Außerbehördlich wurde die Bezeichnung aber in der Alltagssprache noch benutzt, z.B. Fräulein als Anrede für eine weibliche Bedienung. Die feministische Linguistik  verurteilte 1980 die Verwendung des Wortes als sexistischen Sprachgebrauch.

Bemerkenswert: Einige Frauen, z.B. die Dichterin Annette Kolb oder die Schauspielerin Iris Berben, wollten auf die Bezeichnung Fräulein nicht verzichten, da sie Unabhängigkeit von eine Mann signalisiert. In einem Newsletter des Duden 2002 wird empfohlen, bei Personen, die Wert darauf legen, mit Fräulein angesprochen zu werden, dies auch zu respektieren.

Das Verschwinden des Fräuleins aus dem aktiven Wortschatz ist ein instruktives Beispiel, wie sich gesellschaftliche Entwicklungen und Sprachgebrauch beeinflussen. (16.01.2022)

Stellenanzeige der Bozener Nachrichten von 1917: Ein Fräulein für die Kindererziehung wird gesucht: Quelle: Wikimedia Commons.

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