Lektüre zur schrecklichen deutschen Sprache

Mark Twain: Die schreckliche deutsche Sprache. Englisch – Deutsch. Köln: Anaconda Verlag, 2010.

Abbas Khider: Deutsch für alle. Das endgültige Lehrbuch. München: Hanser, 2019

In einem gern zitierten Essay von Mark Twain „The awful german language“ schildert der amerikanische Autor seine Probleme mit dem Erlernen der deutschen Sprache und attestiert ihr, dass sie „slipshod“ (schludrig) und „systemless“ aufgebaut sei, in vielen Bereichen unlogisch und mit mehr Ausnahmen als Regeln. In seine Fußstapfen tritt Abbas Khider, der 1996 aus dem Irak geflohen ist und sich in fünf Jahren Deutsch so gut angeeignet hat, dass er als Schriftsteller jetzt seine Romane auf Deutsch schreibt. Auch er rechnet mit der deutschen Sprache ab: „Deutsche Paragrafen und deutsche Grammatik haben etwas gemeinsam: Sie sind zum Heulen.“ (S.13). Er geht aber weiter als Mark Twain, indem er grammatische Regeln für ein radikal vereinfachtes Neudeutsch vorschlägt.

Er schafft die Umlaute ab, das Alphabet wird auf 26 Buchstaben beschränkt (kein ß und keine Umlaute), die Deklination der Nomina und Artikel wird abgeschafft, Nebensätze sind analog wie Hauptsätze aufgebaut, er führt neue Artikel und Pronomina ein, die Konjugation wird zwar nicht abgeschafft, aber die unregelmäßigen und trennbaren Verben, die Steigerung wird vereinheitlicht. Man kann sich vorstellen, dass ein deutscher Sprachpfleger beim Lesen Bluthochdruck und Herzbeschwerden bekommt. Das Ganze ist satirisch gemeint, in der Vorbemerkung wird der Leser eingestimmt: „Dies Büchlein ist ernsthafter sprachwissenschaftlicher Schwachsinn“. Denn natürlich weiß Khider, dass sich eine Sprache entwickelt und nicht durch grammatische Diktate verändert werden kann (aber man denke an die Rechtschreibreform, das Gendern und die Leichte Sprache).

Zweierlei wird einem bei der Lektüre beigebracht: Einmal dass man die vielen Ungereimtheiten des Deutschen als native speaker gar nicht mehr wahrnimmt. Wenn wir Arabisch lernen würden, hätten wir sicher auch Probleme mit Lauten und würden uns über etliche Besonderheiten wundern.

Zum zweiten wird deutlich, dass die Forderung an die Geflüchteten, erst einmal die deutsche Sprache zu lernen, ein wirklich große Hürde darstellt und sprachdidaktische Anstrengungen und Geduld erfordert. Der Autor braucht fünf Jahre und tausende Unterrichtsstunden! (28.02.2019)

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