Professx

Der Sprachwissenschaftler Lann Hornscheidt möchte weder als Mann noch als Frau, sondern geschlechtsneutral mit sehr geehrtx Profx (ausgesprochen geehrtiks Professiks) angesprochen werden. Er bzw. es knüpft an die feministische Kritik an der Sprache an, in der sich Diskriminierungen verfestigt haben: „Sprache ist sexistisch, wenn sie Frauen und ihre Leistungen ignoriert; sie ist sexistisch, wenn sie Frauen in Abhängigkeit von oder Unterordnung zu Männern beschreibt und wenn sie Frauen nur in stereotypen Rollen zeigt; sie ist sexistisch, wenn sie Frauen durch herablassende Ausdrücke demütigt und lächerlich macht“ (Marlis Hellinger & Christine Bierbach, 1993, S. 1). Um eine geschlechtsneutrale Sprache bemühe ich mich: Ich gehe zu meiner Ärztin und unterrichte Seminarteilnehmende. Provokante Änderungen wie das phallisch aufragende Binnen-I oder die Einführung neuer Wörter wie Gästin oder Frauschaft habe ich nicht mitgemacht. Ein neues Wort hat eine Chance, wenn es einen in den Köpfen bereits vorhandenen Begriff benennt oder wenn das Wort einen neuen Begriff einführt. Für ein neues Wort muss es eine pragmatische bzw. kommunikative Notwendigkeit geben. Das Wort „sitt“ für „nicht mehr durstig“ hat sich auch nicht durchgesetzt (vielleicht gib es den Zustand überhaupt nicht ;-). Lann Hornscheidt will aber nicht nur Wörter einführen, sondern gleich die Grammatik durch Kreation eines neuen Suffixes ändern. Auch die Grammatik wandelt sich langfristig, aber nicht durch Setzung einzelner Sprachaktivisten, die dann von eine „Abwehr gegen sprachliche Veränderungen“ beklagen, wenn ihre Vorschläge nicht angenommen werden. Zudem ändern neue Benennungen oder grammatische Regeln vorhandene nichtsprachliche Diskriminierungen nicht. So einfach sollte man sich den Zusammenhang zwischen Sprache und Denken nicht vorstellen. (30.12.2014)

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FriedWald und RuheForst

Wenn ein Hirsch, Reh oder Wildschwein durch den Wald trabt, kann das Wild neuerdings auf zwei Logos treffen: Die Firmen FriedWald aus Griesheim und RuheForst aus Erbach betreiben in ganz Deutschland Bestattungswälder, in denen man die Urne im Waldboden versenken lassen kann. „Friedhofsbestattungen verlieren ihre Monopolstellung“, so ein Einleitungssatz in einer aktuellen Studie von Michael Handke: Der Markt für Bestattungswälder in Deutschland aus wirtschaftsgeografischer Sicht. In: Hgg-Journal 28, 2013/14, S.19-30. Der jeweilige Baum lässt sich für die Angehörigen durch eine Nummer oder über GPS-Koordinaten finden. (28.12.2014)

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Die Wort-Bild-Logos vermeiden bildlich jede Assoziation zum Tod und zeigen grüne stilisierte Bäume.

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Gehwege

Winterspaziergang. Im Abstand von etwa 10 Metern zwei Schilder mit einem Abstand von 22 Jahren: Fußgängerweg gültig ab 28.4.1970 und Sonderweg für Fußgänger ab 1.7.1992 (Zeichen 239 der StVO). Beide zeigen vor blauer Ronde die Silhouetten einer Frau mit einem Kind   Die ältere Variante bildet eine Frau mit elegant anliegendem Kleid ab, die neuere Variante zeigt stilisierte Figuren, die Frau mit einem Glockenrock. Dieses für moderne Weiblichkeit eher untypische Kleidungsstück findet man auch auf vielen Toilettenpiktogrammen. (28.12.2014)

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Gehwege für Frauen mit Kind. Und was ist mit den Männern? Foto: St.-P. Ballstaedt

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Andreas-Kreuz

Viele Zeichen habe eine interessante Geschichte. Der Apostel Andreas soll als Märtyrer an einem Diagonalkreuz gestorben sein. In der mittelalterlichen Ikonografie wird das Andreaskreuz deshalb zum Symbol für das Bekenntnis zu Christus. Aber es wird auch in zahlreichen nicht religiösen Kontexten auf Fahnen und Wappen oder als Markierung von Wanderwegen benutzt – oft in Anlehnung an das griechischen Chi oder die römischen Zehn. Was aber im Dunklen bleibt: Wie ist das Andreas-Kreuz zum Warnsymbol vor allerlei Gefahren geworden, z.B. in der Chemie, im Bergbau oder an Bahnübergängen? Neuerdings stehen gelbe Kreuze auch als Warnung vor der Atomkraft. Diesen Bedeutungswandel kann ich bisher nicht nachvollziehen. (27.12.2014)

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Das Andreas-Kreuz in sakraler und profaner Verwendung: Der Heilige Andreas, Statue von Andreas Faistenberger, Mitte 18. Jh., in der Peterskirche, München: Quelle: Furukama, GNU Free Documentation Licence. – In der BDSM-Szene werden „die lustvollsten und qualvollsten Andreaskreuze“ im Rahmen von Bondage- und SM-Praktiken verwendet. Quelle: Raimond Spekking /CC BY-SA-4.0 via Wikimedia Commons. – Ein Andreas-Kreuz als Zeichen 201 der Straßenverkehrsordnung an Bahnübergängen.

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Rebus 3: Kerzenlicht

Kerzen

„Bitte beachten Sie die aufgeführten Symbole“: Recht beklommen habe ich diese Weihnachten eine Kerze angezündet, nachdem ich die Piktogramme zum Umgang mit diesem Gegenstand zur Kenntnis genommen hatte. Foto: St.-P. Ballstaedt. (26.12.2014)

Nachtrag: Und noch eine Serie Piktogramme auf einer Kerzenverpackung (07.10.20)

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Buch und Lesen

Der SPIEGEL 50/2014 hat die Titelstory dem Lesen gewidmet. Meine Prognose nach der Lektüre: Das Lesen als Kulturtechnik wird zunehmend vom Buch als Medium abgekoppelt. Lesen kann man auch auf Monitoren, Tablets, Smartphones und anderen Displays. Bei elektronisch präsentierten Texten herrscht das selektive und konsultierendes Lesen vor. Zum linearen und vertiefenden Lesen braucht es ein spezielles Setting: im Sessel, auf der Couch, im Bett, im Zug, im Park usw. Und dabei ist das Tablet komfortabler als ein Buch: Es ist leicht, Kontrast und Schriftgröße sind individuell einstellbar. Das Lesen insgesamt wird wohl nicht abnehmen, aber das Buch als Medium bekommt Konkurrenz von E-Books und Hörbüchern. (21.12.2014)

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Der Beginn

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Ein rein typografisches Plakat Oktober 2014 in Barcelona: Alzheimer beginnt mit einem _ _ _ _  . Es wirbt für die Stiftung Pasqual  Maragall. Er war 1982 bis 1987  Bürgermeister von Barcelona und gab 2007 seine Alzheimer-Diagnose bekannt. Foto: Max Steinacher (18.12.2014)

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Geschenkpapier

Geschenkpapier hat sich aus dem ordinärem Packpapier entwickelt, das ursprünglich dem Transportschutz diente. Heute dient es als Sichtschutz und soll beim Empfänger Spannung und Überraschung bewirken. Originelle und extravagante Geschenkpapiere können vom einfaltslosen Inhalt ablenken. Geschenkpapier ist Teil unserer visuellen Kultur und ein wichtiges Thema vor Weihnachten: In welches Papier wickle ich mein Geschenk ein? Was kommuniziere ich mit der Wahl des Papiers? Der Trend geht weg von christlichen zu winterlichen Motiven wie Schneeflocken, Misteln, Tannenzapfen, Weihnachtssterne, Schneemänner, Hirsche, Rentiere oder Elche. Beliebt sind auch Retro-Motive z. B. Kupferstiche, alte Illustrationen oder Ornamente. Und wer keinerlei Interpretationsrisiko eingehen möchte, entscheidet sich für ein rein dekoratives Motiv. (17.12.2014)

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Ein neumodische Papier mit Elchmotiv aus der Niehaus-Geschenkpapier-Edition und ein rein dekoratives Papier, gestaltet von Fotokünstler Bon Paul. Beide habe ich im Gutenbergblog gefunden.

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