Die vom Berliner Grafiker Ludwig Sütterlin vereinfachte Form der deutschen und lateinischen Schreibschrift wurde ab 1915 in Preußen eingeführt und ab 1935 als Deutsche Volksschrift im offiziellen Lehrplan verankert. Sie gehört zu den Frakturschriften, bei denen Rundungen und Ecken abgeknickt sind. Jedes Wort wird in einem Zug mit der Feder geschrieben. Die Sütterlin ist ein eindrucksvolles Beispiel, wie stark die Bewertung von Schriften von historischen und ästhetischen Bedingungen abhängt: Die Sütterlin wirkt auf uns kompliziert, altmodisch und hat oft die Konnotation einer Nazi-Schrift. Tatsächlich wurde Frakturschrift von den Nationalsozialisten zunächst als „deutsche Schrift“ geadelt, man wollte sogar Schreibmaschinen mit Frakturschrift einführen. Dann gab es eine überraschende Kehrtwende: In einem Erlass der NSDAP wurde 1941 die Schwabacher Fraktur als „Judenschrift“ bezeichnet wurde. Von da an waren Frakturschriften unerwünscht. (19.07.2014)
Brief an mich in Sütterlin vom 25.1. 1964. Quelle: Familienarchiv Ballstaedt
Herausforderung für das Gehirn: Schwäbisch und Sütterlin. Graffito am Hölderlinturm in Tübingen, inzwischen übermalt. Foto: Elfriede Hornung-Ballstaedt
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