Aus für Telegramm

Wieder wird ein Medium der Kommunikation beerdigt: Mit Ende dies Jahres 2022 gibt es bei der Deutschen Post keine Telegramme mehr. Da jeder und jede ein Festnetz- und Mobiltelefon besitzt, macht diese teure Form der Fernkommunikation keinen Sinn mehr (160 Zeichen kosteten zuletzt 12,57 €!). Da sich der Preis für ein Telegramm nach der Anzahl der Buchstaben berechnete, entwickelte sich der Telegrammstil: Mit möglichst wenig Zeichen das Wesentliche übermitteln. Das bedeutet Verzicht auf auf Artikel, Pronomen, Hilfsverben und Präpositionen.

Komme Freitag 17 Uhr.

Ein verkürzter Stil unter Missachtung grammatischer Regeln ist aber keine Erfindung von Telegrammschreibern und- Schreiberinnen. Er wird in der Rhetorik als Brachylogie bezeichnet (griech. brachys = kurz, logos = Wort) und lässt sich in etwa mit Kurzwortigkeit übersetzen. Ein möglichst knappe Ausdrucksform wird durch etliche Stilmittel erreicht, in der Alltagssprache verbreitet ist die Ellipse, das ist ein unvollständiger Satz:

Guten Morgen! – Noch zwei Plätze frei! – Noch jemand ohne Fahrschein?

In literarischen Texten des Sturm und Drang und des Expressionismus werden häufig verkürzten sprachlichen Konstruktionen verwendet. Hier ein Gedichtanfang von Gottfried Benn:

Einsamer nie als im August:
Erfüllungsstunde – im Gelände
die roten und die goldenen Brände.

Auch im Journalismus ist eine radikale Verkürzung in Schlagzeilen (Headlines) üblich. (30.12.2022)

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