Gedankenlesen

Auf der Facebook-Entwicklerkonferenz F8 in San Jose wurde das neuste Projekt des Unternehmens vorgestellt: 60 Forschende arbeiten an einer Technologie, mit der Gedanken direkt in Text umgewandelt werden können. Wer z.B. eine SMS schreiben möchte, der braucht den Text nur zu denken und er wird auf dem Smartphone geschrieben und kann verschickt werden.

Wissenschaftlich ist das ein spannendes Projekt. Erregungsmuster im Gehirn sind schon ausgelesen worden, um Prothesen zu steuern oder Ja-nein-Entscheidungen zu kommunizieren. Dazu müssen entweder Elektroden im Gehirn implementiert sein, oder die Muster werden mit funktioneller Magnetresonanztomographie oder über ein Elektrodennetz auf dem Kopf erfasst. Facebook möchte sehr empfindliche Sensoren entwickeln, die im Alltag wie eine Haube auf dem Kopf betragen werden. Wer sich nur ein wenig mit kognitiver Sprachverarbeitung auskennt, der wird das Projekt skeptisch beurteilen: Schon einzelne Wörter setzen sich aus komplexen neuronalen Mustern zusammen, ihre syntaktische Anordnung in einem Satz dürfte noch eine Größenordnung komplexer ausfallen. Aber versuchen kann man es ja.

Es stimmt allerdings nachdenklich, dass diese Forschungen nicht in einem neurolinguistischen Institut, sondern in einem Unternehmen stattfinden, das sein Geld mit Daten verdient. Wenn man aus dem Gehirn auslesen kann, was eine Person seinem Partner gern mitteilen möchte, dann lassen sich auch andere Gedanken erfassen, die versprachlicht vorliegen und das trifft auf viele unserer verborgenen Grübeleien zu. Nach Aussage von facebook geht es natürlich keinesfalls um Gedankenlesen, sondern allein darum, dem Smartphone-Nutzer das Tippen zu ersparen. Oh, Zuckerberg, für wie naiv hältst du deine Datenspender? (23.04.2017)

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