Manuelles Schreiben

Was schreibe ich noch mit der Hand? Natürlich Unterschriften und die Patientenverfügung, dann Einkaufszettel, Post- und Glückwunschkarten und beim Arbeiten notiere ich Einfälle auf einem Block. Ein regelmäßiges Tagebuch habe ich aufgegeben und auch Briefe sind durch E-Mails ersetzt. Alle längeren Texte tippe ich direkt in den Computer. Ich bin damit ein Beispiel, dass das manuelle Schreiben auf dem Rückzug ist.

Zur gebundenen Schreibschrift habe ich mich bereits einmal geäußert und dabei in Frage gestellt, ob es wirklich stimmt, dass das Schreiben mit der Hand den Denkfluss fördert und das Tippen auf der Tastatur die Qualität von Texten verringert.

Eine Umfrage des Instituts für Schreibmotorik hat das Thema wieder in die Zeitungen gebracht: Lehrer und Lehrerinnen stellen fest, dass viele Schüler und Schülerinnen nur mühsam und unwillig mit der Hand schreiben, weder flüssig, noch leserlich. Aufsätze werden oft in Druckschrift geschrieben und das bringt sie unter Zeitdruck.  Wenn es um alte Kulturtechniken geht, sind Werte und Gewohnheiten angesprochen und da ist ein empirisches Vorgehen nützlich, wenn auch nicht einfach.

Zuerst die eigenen Erfahrungen: Neue Ideen notiere ich immer mit Bleistift auf Papier: Stichworte, prägnante Sätze, Skizzen. Dazu trage ich immer ein Heftchen bei mir, auf dem Schreibtisch liegt ein Block.  Aber wenn ich im Kopf abgeschlossen habe, dann kann ich die Gedanken mühelos in den Computer tippen, sofort lesen und notfalls umformulieren. Ich habe nicht den Eindruck, dass dadurch mein Gedankenfluss behindert wird (schon eher durch die wohl altersbedingen vielen Tippfehler).

Das Institut für Schreibmotorik betont natürlich die Relevanz der motorischen für die kognitive Entwicklung. Tatsächlich hinterlässt die Verarbeitung beim Handschreiben nicht nur konzeptuelle, sondern auch motorische und visuelle Spuren im Gehirn (James & Engelhardt, 2012).

Zwei Studien haben gezeigt, dass mit der Hand aufgeschriebene Informationen besser behalten und wiedergegeben werden als eingetippte Informationen (Bui, Myerson & Hale, 2013; Mueller & Oppenheimer, 2014). Aber warum? Wer z.B. bei einer Vorlesung tippt, der neigt dazu, eher den Wortlaut zu notieren und oberflächlich zu verarbeiten. Wer auf Papier schreibt, der fasst eher das Wesentliche zusammen, verarbeitet und versteht tiefer.

Meine Vermutung: Es kommt vor allem auf die Flüssigkeit beim Schreiben oder Tippen an. Wer die Buchstaben auf der Tastatur suchen muss oder Druckbuchstaben nach Druckbuchstaben einzeln ansetzt, der wird sicher am Denken behindert. (25.01.2019)

Mueller, Pam & Oppenheimer, Daniel (2014). The pen is mightier than the keyboard: advantages of longhand over laptop note taking. Psychological Science. URL: http://www.yaros.com/ipad/Pen_vs_Keyboard_Notes.pdf

Bui, D.C., Meyerson, J., & Hale, S. (2013). Note-taking with computers: Exploring alternative strategies for improved recall. Journal of Educational Psychology, 105, 299-309.

James, Karin & Engelhardt, Laura (2012). The effects of handwriting experience ob functional brain development in pre-literate children. Trends in Neuroscience and Education, 1, 32-42.

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