Newspeak

George Orwell beschreibt in seinem Roman »1984« einen totalitären Staat Ozeanien, in dem durch Sprachpolitik das Denken gesteuert werden soll. Orwell geht dabei von einer engen Beziehung von Sprache und Denken aus: Durch Kontrolle des Vokabulars, d.h. Verbieten von Wörtern und Einführung neuer Wörter werden bestimmte Gedanken nicht mehr denkbar. Vor allem Euphemismen spielen dabei eine Rolle: Negativ besetzte Wörter werden durch positiv klingende ersetzt: Das Kriegsministerium wird z.B. zum Minipax, zum Ministerium für Frieden. Wer abweichende Sprachformen benutzt, der macht sich eines Gedankenverbrechens (Crimethink) schuldig.

Was der Roman beschreibt, können wir jetzt in Russland beobachten. Putin hat ein neues Gesetz unterschrieben, das für die Verbreitung angeblicher “Falschinformationen” über den Angriff auf die Ukraine bis zu 15 Jahre Haft vorsieht. Die Worte „Krieg“, „Invasion“ „Angriff“ dürfen nicht benutzt werden, es handelt sich im Newspeak um eine „militärische Spezialoperation“. Sie dient der Befreiung des ukrainischen Volkes vor Nazis und Faschisten. Strafen drohen ebenfalls, wenn Berichte die Armee “verunglimpfen”, es darf nur über militärische Erfolge berichtet werden. Das erinnert sehr an die „alternativen Fakten“, an die wir uns unter Donald Trump gewöhnen mussten.

Einer der perfekten Beherrscher des Newspeaks ist der russische Außenminister Sergei Wiktorowitsch Lawrow, die Stimme seines Herrn. Seine aberwitzigen Darstellungen und Interpretationen der Ereignisse sind kabarettreif. (12.03.2022)

One Response to Newspeak

  1. uli 14. März 2022 at 14:33 #

    Das Lawrowsche Kabarett ist besonders aberwitzig, weil er ja Außenminister ist, sein Job also die Kommunikation mit anderen Staaten und deren Medien. Und hier ist ja üblicherweise Diplomatenspeak, eine Sprache, die eher umgekehrt funktioniert: vorsichtig, behutsam und falsche Worte vermeidend. Ihm ist aber vollkommen egal, was wir über ihn oder seine Lügen denken, denn sie sind vor allem nach innen gerichtet. So hört Russland selbst in der Außenkommunikation ein einheitliches Newspeak. Die Fragen der Journalisten oder die Kommentare ausländischer Medien lassen sich problemlos rausschneiden.

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