Tauben im Gras

Dieser Romantitel von Wolfgang Koeppen ist derzeit in allen Feuilletons und Kultursendungen zu lesen und zu hören, er soll zur Abitur-Pflichtlektüre der beruflichen Gymnasien werden. Eine schwarze Englischlehrerin hat ihn gelesen und darin Wörter gefunden, die rassistisch sind. Das ist auch kein Wunder: Der Roman spielt in der Nachkriegszeit (1949-1951) in einer deutschen Großstadt (vermutlich München), in der auch schwarze Soldaten der US Army stationiert sind. Sie werden von einem Teil der Bevölkerung sprachlich und moralisch diskriminiert. Der Roman ist eindeutig antirassistisch, er zeigt, wie sich Rassismus in einer Gesellschaft einnistet und welche Auswirkungen er hat. Also eigentlich doch eine in unsere Zeit durchaus passende Lektüre. Aber zahlreiche Organisationen und Personen haben sich gegen dieses Buch als Pflichtlektüre ausgesprochen.

Pädagogen, Politiker und Literaturwissenschaftler haben sich zum Thema geäußert. Was dabei auffällt: Wir wissen ja aufgrund von Untersuchungen, dass es um die Kompetenzen, Texte zu verstehen und zu interpretieren, bei unseren Schülern und Schülerinnen nicht so weit her ist. Kann man Abiturienten also nicht zumuten, einen historischen Roman einzuordnen und als antirassistisch zu verstehen? Zudem unter Anleitung von Pädagogen. Aber da lese ich, zum Umgang mit diesem Thema gäbe es keine Unterrichtskonzepte, da wären erst Fortbildungen und begleitende Materialien notwendig. Als ob der Roman der erste wäre, der Rassismus thematisiert! Allerdings ist der Roman keine einfache Lektüre, da er keine chronologische Geschichte erzählt, sondern viele Personen und Handlungsstränge miteinander verknüpft. Sind auch die Lehrkräfte mit einem anspruchsvollen Text überfordert? (27.03.2023)

One Response to Tauben im Gras

  1. Max Steinacher 29. März 2023 at 21:38 #

    Zu diesem Thema gab es laut MP Kretschmann 60 Fortbildungen mit 500 Teilnehmer/innen.Die overwoken Stellungnahmen aus der Tübinger Uni stimmen nachdenklich.

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