Author Archive | SP Ballstaedt

Wahlplakate

Die Plakate der Parteien zur Landtagswahl in Baden-Württemberg sind eher langweilig: oft ein Kopf mit einem mehr oder weniger inhaltsleeren Spruch. Einzig die FDP hat sich etwas einfallen lassen, die Slogans sind frech und die Druckerfarben Blau, Geld und Magenta auffällig. Die Politiker sind in Aktion abgebildet und farblich vervielfältigt. Quelle: http://www.fdp-bw.de

hirnvondeutschland  AfD-Plakat

Ein Plakat der AfD hängt am alten Tübinger Schlachthof, ausgerechnet vor einer Asylunterkunft. Die Botschaft wird nicht direkt sprachlich formuliert, ist aber in der Text-Bild-Kombination klar. Die dunklen Gestalten mit Baseball-Kappe und Kapuzen-Pulli, die eine Frau belästigen, sollen wohl keine Deutschen sein. Foto: St.-P. Ballstaedt (12.03.2016)

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Pflotsch

Scan

Wieder ein mir bisher unbekannter Helvetismus: Pflotsch für Schneematsch. Zum gestrigen Tag der Frau hat „Blick am Abend“ einen Gendertipp, der mir allerdings wenig einleuchtet. Die Text-Bild-Beziehung bleibt interpretationsbedürftig  (09.03.2016)

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Schmieranten

Dass ich eine Vorliebe für Kommunikate im öffentlichen Raum habe, das machen die Beiträge des Blogs deutlich. Aber aus gegebenem Anlass möchte ich feststellen, dass ich die unzähligen Graffiti in der Stadt, die weder eine Botschaft noch eine ästhetische Qualität haben, ärgerlich finde. An den Wänden und Mauern – oft sogar aus Natursteinen – finden sich zahllose hässliche Tags, die allein dem Narzissmus der Sprayer dienen. (07.03.2016)

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Nichts zu vermelden und nichts zu schauen, nur Selbstbestätigung. Foto: St.-P. Ballstaedt

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Tarantula

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Sie ist zurück an den Mauern von Schwäbisch Hall. Info für Arachnophobiker: Erster Auftritt 1955 in dem gleichnamigen Film von Jack Arnold (mit Clint Eastwood in einer seiner ersten Rollen als Geschwaderkommandant). Auf dem Plakat verspeist die Monsterspinne eine leicht bekleidete Frau, eine Szene, die im Film gar nicht vorkommt. Quellen: Movie Poster von Reynold Brown, Wikimedia Commons; Foto St.-P. Ballstaedt; (05.03.2016)

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Wilhelm Busch

Wenn ich die Möglichkeit bekäme, mit einem Vertreter des 19. Jahrhunderts einen Wein zu trinken, dann wäre Wilhelm Busch einer meiner Favoriten. Mit gefällt seine verquere Biografie mit zahlreichen Sackgassen, seine persönlichen Unsicherheiten und sein realistischer Blick auf die Menschen. Und damit auch sein etwas bösartiger Humor, der jede Situation bis zum bitteren und chaotischen Ende eskalieren lässt. In der Ausstellung „Wilhelm Busch. Was ihn betrifft“ in der Kunsthalle Würth ist er mir noch sympathischer geworden. Er wird immer als genialer Vorläufer des Comic gefeiert und tatsächlich hat er zahlreiche visuelle Konventionen eingeführt, vor allem für die Darstellung von Bewegungen. Originell sind auch sein komplementären Text-Bild-kombinationen (dazu ein hübscher Aufsatz von Jakubowski/Feldmann, 2005). Auch als Maler hat er Vieles vorweggenommen: Eine expressionistische Pinselführung, Naturdarstellung bis fast zur Abstraktion, collagierte Sammelbilder. Sein Verehrer Robert Gernhardt sieht ihn als Vorläufer des Futurismus oder Surrealismus. (04.03.2016)

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Das Bild liefert die wesentliche Zusatzinformation über die Motive von Franz bei der Bohnenernte. Aus: Die fromme Helene, 4. Kapitel, 1872. Scan: St.-P. Ballstaedt

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Gleich am Bahnhof in Schwäbisch Hall begrüßt den Gast Wilhelm Busch als Student (1860). Foto: St.-P. Ballstaedt

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Verleserprävention

Apple bewirbt sein Betriebssystem OS X El Capitan mit dem Slogan: „There’s more to love with every click“.  Hat da jemand statt „click“ etwa „dick“ gelesen?! Das ist ein vulgärer englischer Ausdruck für das männliche Glied und macht in dem Satz auch einen Sinn. Da Apple seinen Nutzen diese Lesart zutraut, wurde die Typografie ein wenig verändert: Damit das c und das l sich nicht zu nahe kommen und bei flüchtigem Lesen zu d verschmelzen, hat man den Buchstabenabstand bei diesem Wort vergrößert. Den kleinen Unterschied hat Ryan Ackermann in Twitter visualisiert. Es ist zwar nett von Apple, dass wir vor unkorrekten Verlesern geschützt werden, aber psychoanalytisch ist diese Prävention  bedenklich, denn wo können dann unbewusste Wünsche ihren Ausdruck finden? (02.03.2016)

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Angewandte Typografie im Dienste einer sauberen Kommunikation (zum Vergrößern ins Bild ficken). Quelle: http://de.engadget.com

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Gegenüber

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Anorektisch versus ädipös, arm versus reich (?): Stencil in der Bahnhofsunterführung. Foto: St.-P. Ballstaedt (01.03.2016)

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Kreuzritter

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Ein neuer Aufkleber in Tübingen mit klar visualisierter Botschaft: Ein Kreuzritter mit gestreckter Lanze vertreibt mit Gewehren bewaffnete Flüchtlinge (mit Bart und Burka). Foto: St.-P. Ballstaedt (28.02.2016)

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Schnügel

Ich bin wieder mit einem Helvetismus aus Zürich zurückgekommen. In der Pendlerzeitung „Blick am Abend“  gibt es die Rubrick „Der Schnügel des Tages“, für die Leserinnen und Leser Fotos Ihrer Haustiere einsenden können. Ein Schnügel – auch Schnüggel – ist ein schweizer Kosename. Lassen wir einen native Speaker zu Wort kommen. „Ein Schnügel ist herzig, süss, zum knuddeln, zum verlieben, spricht also die Gefühle an. Bei Menschen (wird für beide Geschlechter gebraucht, aber vor allem für Knaben und junge Männer) ist ein Schnügel im Gesicht eher weich als kantig. Bei Tieren bedeutet es wohl vor allem kuschelig.“ (Solanna auf www.blogwiese.ch).

Vermutlich ist das Wort von Schnuckel abgeleitet und das wiederum vom Verb „schnuckeln“ in der Bedeutung „lecken“, „saugen“, „naschen“. Daraus sind zahlreiche Kosewörter entstanden wie Schnuckel, Schnucki, Schnuckerchen, Schnuckeli, Schnuckerle, Schnuckchen oder Komposita wie Schnuckelbär, Schnuckelpuppe, Schnuckiputz. Gebräuchlich ist das Adjektiv „schnuckelig“. (27.02.2016)

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Beliebte Schnügel sind Katzen. Um der Welle von Katzenfotos und -videos etwas entgegen zu setzen, hier mal ein anderes Schnügel. Quelle: Blick.ch

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Dadaisierung

In Zürich wurde 1916 von einer Emigrantengruppe die künstlerische Bewegung des Dadaismus gegründet. Woher die Bezeichnung kommt, darüber kursieren nur Gerüchte: Kleinkindersprache? Name eines Haarwaschmittels? Koitus-Positionen „à dada“? Das passt zu einer Kunstrichtung, in der dem Zufall eine große Rolle zugesprochen wird.

Zum 100. Geburtstag wird derzeit ein gescheitertes Buchprojekt „Dadaglobe“ des Dadaisten Tristan Tzara im Züricher Kunsthaus ausgestellt (was die Dadaisten sicher missbilligen würden). Tzara hatte 1920 vierzig Künstler aus aller Welt angeschrieben und gebeten, mit Bild und Text zu einer globalen Schau der Vielfalt des Dadaismus beizutragen. „Dadaglobe Reconstructed“ versammelt alle künstlerischen Dokumente, die noch aufzutreiben waren und hat auch eine Version des geplanten Buches erstellt.

Was mich beeindruckt, ist der spielerische und intelligente Umgang mit Zeichen, Texten wie Bildern, in Collagen und Montagen. Material aus Zeitungen, Reklamen, Fotos und alltägliche semiotische Abfälle wie Fahrkarten oder Kassenbons werden neu angeordnet und – um die Sinnsuche völlig zu verwirren – oft mit aberwitzigen Legenden versehen (z.B. Max Ernst). Mit naiven Kritzeleien und in sinnfreie Lautgebilde zerlegter Sprache wird die bildnerische und literarische Kunst lustvoll provoziert. Es war eine Spaßtruppe, die antrat, um das ganze Leben zu dadaisieren. (25.02.2016)

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Theo van Doesburg: Kleine Dada-Soirée, 1922. Ein Plakat soll informieren, aber das hier weigert sich. Quelle: Wikimedia Commons.

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Nachtrag: Der Dadaismus lebt, z. B. in Leipzip-Plagwitz. Foto: Wolfgang Scherer (27.02.2016)

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