Ein neuer Roman von Wilhelm Genazino: Kein Geld, keine Uhr, keine Mütze. München: Hanser, 2018. Auf der Seite 8 lese ich folgenden Satz:
„Es erstaunte mich nicht, dass ich nach etwa einer halben Stunde meine ehemalige Ehefrau entdeckte, wobei mir zum ersten Mal auffiel, dass in dem Wort >ehemalig< das Wort >Ehe< aufgehoben ist, was ich gut gelaunt so deutete, dass in jeder Ehe ihre zukünftige Ehemaligkeit schon angekündigt sei.“
Ein hübsches Spiel mit Worten, natürlich stecken im Substativ „Ehe“ und dem Adjektiv „ehemalig“ verschiedene Wortstämme. Das kurze, aber schwerwiegende Wort „Ehe“ stammt aus dem westgermanischen Wort für Gesetz, Recht, Vertrag; althochdeutsch „ewa“. Etymologisch ungeklärt ist, ob es derselbe Wortstamm wie „ewa“ in der Bedeutung „ewig“ ist. Ehe würde dann „ewig geltender Vertrag“ bedeuten. Um 1000 erfolgt die Bedeutungsverengung auf den Ehevertrag.
Die Konjunktion „ehe“ im Sinne von „bevor“(„Ich gehe nicht, ehe du kommst“) und das Adverb „eher“ im Sinne von „früher, lieber, mehr“ ( „Er hört eher leichte Musik“) haben dieselbe Wurzel. (05.04.2018)
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