Karikaturen

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Nach einer Schrecksekunde gemischte Gefühle von Trauer und Wut über den Mord an den Blattmachern von Charlie Hebdo, und von Hochachtung vor Ihnen. Meine Französischkenntnisse habe ich über die Jahre vor allem mit Comics und Cartoons aufrechterhalten, dazu gehörten Reiser und auch Wolinski (Je ne pens qu’à ça). Der rabiate und von jeder political correctness befreite Stil der Cartoons, egal ob über Sex, Politik oder Religion, ist eine Erfrischung für jeden regen Geist. Karikaturen können böse und verletzend sein, aber eine offene Gesellschaft braucht diesen Humor als Stachel und als Ventil. Heute bewundere ich die Franzosen, die jetzt zu Tausenden auf die Straße gehen, ein wenig Voltaire scheint doch noch in ihnen zu stecken. (10.01.2015).

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Der Schwenk

Soviel Aufmerksamkeit hatte die FDP seit langem nicht mehr. Die „tagesschau“ berichtete vom Dreikönigstreffen in Stuttgart und zeigte in dem Beitrag einen Schwenk von den Beinen der Frau Katja Suding – die Hamburger FDP-Spitzenkandidatin – auf ihr Gesicht. Mir fiel diese Kameraführung gleich auf, sie ist natürlich nicht fein oder sogar sexistisch. Der ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke entschuldigte sich bei der Politikerin. Trotzdem freut es mich , dass in der seriösen „tagesschau“ ein solcher Fauxpas möglich ist. Nach diesem Vorfall werden die Kameraleute sicher nach neuen Kriterien ausgewählt und ausgebildet. (08.01.2015)

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Das machen nur die Beine von Dolores, dass die Señores nicht schlafen geh’n. Startbild eines langsamen Schwenks nach oben. Screenshot: St.-P. Ballstaedt

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Feudeln

Ein Verb, das ich lange nicht mehr gelesen habe. Feudeln bedeutet einen Fußboden nass reinigen, der Scheuerlappen dazu ist der Feudel. Das Wort steht im Duden, aber nicht im Grimm’schen Wörterbuch. Der Feudel ist in Norddeutschland seit 1755 belegt. Die genaue Herkunft ist unklar, das französische Wort „faille“ für Mantel wird in Kluge’s Etymologischem Wörterbuch als Ursprung angegeben. Im Wortschatz der Uni Leipzig habe ich eine schöne Belegstelle aus den Stuttgarter Nachrichten (26.1.2011) gefunden: „Die Nordlichter klärten sie darüber auf, dass sie mit dem Feudel feudeln – und fragten höhnisch, ob Schwaben mit dem Putzlumpa putzlumpeln würden? (07.01.2015)

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Ein Feudel zum feudeln. Quelle: Huhu Uet, Wikimedia Commons

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Bookcrossing

Heute habe ich in der Stadt in einem trockenen Winkel eine Ausgabe von Cervantes „Don Quijote de la Mancha“ gefunden, mit einem Aufkleber „Buch auf Reisen“.

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Was steckt dahinter? Eine Aktion, die man auf der Site Bookcrossing nachlesen kann. Um teilzunehmen, muss man sich dort registrieren. Dann nimmt man ein Buch, meldet dies auf der Site an und bekommt dafür einen Code.  Nun klebt man ein offizielles Bookcrossing-Etikett mitsamt dem Code in das Buch, geht hinaus in die Welt und lässt das Werk frei: im Café, auf einer Bank, bei der Arbeit, in der Bahn. Irgendjemand wird das Buch finden, es vielleicht lesen und auf der Bookcrossing-Site eintragen, wo er das Buch gefunden hat. Anschließend setzt er es wieder irgendwo aus. Bislang haben etwa 1,5 Millionen Bookcrosser etwa 9,5 Millionen Bücher registriert. (04.01.2015)

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Adhultras

Ein neuer Aufkleber klebt in Tübingen, der mir wieder einmal Rätsel aufgibt. Die Botschaft ist klar, aber wer ist der Absender? Ich vermute die Punk- und Ultra-Szene, dafür sprechen die Frakturbuchstaben und das Logo mit der geschwenkten Fahne. (03.01.2015).

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Die Initialen ergeben ADHS = Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom. Aber macht das Sinn? Foto: St.-P. Ballstaedt

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Scheherazade

Scheherazade ist die Tochter des Wesirs des persischen Königs Schahrayâr. Dieser wurde von seiner Frau mit einem schwarzen Sklaven betrogen. Davon überzeugt, dass  keine Frau treu sein kann, fasst er den Entschluss, sich nie wieder von einer Frau betrügen zu lassen. Er heiratet  jeden Tag eine neue Frau, die er am nächsten Morgen töten lässt. (02.01.2015)

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Ein Beispiel für Warenästhetik: Scheherazade auf einer Packung Basmati-Reis. Foto: St.-P. Ballstaedt

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Auf den Hund gekommen

Sodomie

Dieses Piktogramm bedeutet nicht , dass man hier keine Hunde ausführen darf, sondern richtet sich gegen Sex mit Tieren. Setzen wir einmal das semiotische Seziermesser an: 1. Der rote Rand ist gewöhnlich ein Symbol für Verbot (siehe Verkehrszeichen), was verboten ist, wird darin ikonisch abgebildet. 2. Die rote Durchstreichung ist ein Symbol der Verneinung, damit haben wir es hier mit einer doppelten Verneinung und deshalb mit einer Bejahung zu tun. 3. Piktografische Botschaften sind immer an einen spezifischen Ort gebunden: Die durchgestrichene Zigarette bedeutet: Hier ist Rauchen verboten, aber es ist kein generelles Verbot des Rauchens. 4. Fazit: Das Piktogramm bedeutet: Hier ist Sodomie erlaubt! Foto: St.-P. Ballstaedt (31.12.2014)

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Professx

Der Sprachwissenschaftler Lann Hornscheidt möchte weder als Mann noch als Frau, sondern geschlechtsneutral mit sehr geehrtx Profx (ausgesprochen geehrtiks Professiks) angesprochen werden. Er bzw. es knüpft an die feministische Kritik an der Sprache an, in der sich Diskriminierungen verfestigt haben: „Sprache ist sexistisch, wenn sie Frauen und ihre Leistungen ignoriert; sie ist sexistisch, wenn sie Frauen in Abhängigkeit von oder Unterordnung zu Männern beschreibt und wenn sie Frauen nur in stereotypen Rollen zeigt; sie ist sexistisch, wenn sie Frauen durch herablassende Ausdrücke demütigt und lächerlich macht“ (Marlis Hellinger & Christine Bierbach, 1993, S. 1). Um eine geschlechtsneutrale Sprache bemühe ich mich: Ich gehe zu meiner Ärztin und unterrichte Seminarteilnehmende. Provokante Änderungen wie das phallisch aufragende Binnen-I oder die Einführung neuer Wörter wie Gästin oder Frauschaft habe ich nicht mitgemacht. Ein neues Wort hat eine Chance, wenn es einen in den Köpfen bereits vorhandenen Begriff benennt oder wenn das Wort einen neuen Begriff einführt. Für ein neues Wort muss es eine pragmatische bzw. kommunikative Notwendigkeit geben. Das Wort „sitt“ für „nicht mehr durstig“ hat sich auch nicht durchgesetzt (vielleicht gib es den Zustand überhaupt nicht ;-). Lann Hornscheidt will aber nicht nur Wörter einführen, sondern gleich die Grammatik durch Kreation eines neuen Suffixes ändern. Auch die Grammatik wandelt sich langfristig, aber nicht durch Setzung einzelner Sprachaktivisten, die dann von eine „Abwehr gegen sprachliche Veränderungen“ beklagen, wenn ihre Vorschläge nicht angenommen werden. Zudem ändern neue Benennungen oder grammatische Regeln vorhandene nichtsprachliche Diskriminierungen nicht. So einfach sollte man sich den Zusammenhang zwischen Sprache und Denken nicht vorstellen. (30.12.2014)

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FriedWald und RuheForst

Wenn ein Hirsch, Reh oder Wildschwein durch den Wald trabt, kann das Wild neuerdings auf zwei Logos treffen: Die Firmen FriedWald aus Griesheim und RuheForst aus Erbach betreiben in ganz Deutschland Bestattungswälder, in denen man die Urne im Waldboden versenken lassen kann. „Friedhofsbestattungen verlieren ihre Monopolstellung“, so ein Einleitungssatz in einer aktuellen Studie von Michael Handke: Der Markt für Bestattungswälder in Deutschland aus wirtschaftsgeografischer Sicht. In: Hgg-Journal 28, 2013/14, S.19-30. Der jeweilige Baum lässt sich für die Angehörigen durch eine Nummer oder über GPS-Koordinaten finden. (28.12.2014)

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Die Wort-Bild-Logos vermeiden bildlich jede Assoziation zum Tod und zeigen grüne stilisierte Bäume.

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