Gehwege

Winterspaziergang. Im Abstand von etwa 10 Metern zwei Schilder mit einem Abstand von 22 Jahren: Fußgängerweg gültig ab 28.4.1970 und Sonderweg für Fußgänger ab 1.7.1992 (Zeichen 239 der StVO). Beide zeigen vor blauer Ronde die Silhouetten einer Frau mit einem Kind   Die ältere Variante bildet eine Frau mit elegant anliegendem Kleid ab, die neuere Variante zeigt stilisierte Figuren, die Frau mit einem Glockenrock. Dieses für moderne Weiblichkeit eher untypische Kleidungsstück findet man auch auf vielen Toilettenpiktogrammen. (28.12.2014)

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Gehwege für Frauen mit Kind. Und was ist mit den Männern? Foto: St.-P. Ballstaedt

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Andreas-Kreuz

Viele Zeichen habe eine interessante Geschichte. Der Apostel Andreas soll als Märtyrer an einem Diagonalkreuz gestorben sein. In der mittelalterlichen Ikonografie wird das Andreaskreuz deshalb zum Symbol für das Bekenntnis zu Christus. Aber es wird auch in zahlreichen nicht religiösen Kontexten auf Fahnen und Wappen oder als Markierung von Wanderwegen benutzt – oft in Anlehnung an das griechischen Chi oder die römischen Zehn. Was aber im Dunklen bleibt: Wie ist das Andreas-Kreuz zum Warnsymbol vor allerlei Gefahren geworden, z.B. in der Chemie, im Bergbau oder an Bahnübergängen? Neuerdings stehen gelbe Kreuze auch als Warnung vor der Atomkraft. Diesen Bedeutungswandel kann ich bisher nicht nachvollziehen. (27.12.2014)

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Das Andreas-Kreuz in sakraler und profaner Verwendung: Der Heilige Andreas, Statue von Andreas Faistenberger, Mitte 18. Jh., in der Peterskirche, München: Quelle: Furukama, GNU Free Documentation Licence. – In der BDSM-Szene werden „die lustvollsten und qualvollsten Andreaskreuze“ im Rahmen von Bondage- und SM-Praktiken verwendet. Quelle: Raimond Spekking /CC BY-SA-4.0 via Wikimedia Commons. – Ein Andreas-Kreuz als Zeichen 201 der Straßenverkehrsordnung an Bahnübergängen.

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Rebus 3: Kerzenlicht

Kerzen

“Bitte beachten Sie die aufgeführten Symbole”: Recht beklommen habe ich diese Weihnachten eine Kerze angezündet, nachdem ich die Piktogramme zum Umgang mit diesem Gegenstand zur Kenntnis genommen hatte. Foto: St.-P. Ballstaedt. (26.12.2014)

Nachtrag: Und noch eine Serie Piktogramme auf einer Kerzenverpackung (07.10.20)

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Buch und Lesen

Der SPIEGEL 50/2014 hat die Titelstory dem Lesen gewidmet. Meine Prognose nach der Lektüre: Das Lesen als Kulturtechnik wird zunehmend vom Buch als Medium abgekoppelt. Lesen kann man auch auf Monitoren, Tablets, Smartphones und anderen Displays. Bei elektronisch präsentierten Texten herrscht das selektive und konsultierendes Lesen vor. Zum linearen und vertiefenden Lesen braucht es ein spezielles Setting: im Sessel, auf der Couch, im Bett, im Zug, im Park usw. Und dabei ist das Tablet komfortabler als ein Buch: Es ist leicht, Kontrast und Schriftgröße sind individuell einstellbar. Das Lesen insgesamt wird wohl nicht abnehmen, aber das Buch als Medium bekommt Konkurrenz von E-Books und Hörbüchern. (21.12.2014)

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Der Beginn

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Ein rein typografisches Plakat Oktober 2014 in Barcelona: Alzheimer beginnt mit einem _ _ _ _  . Es wirbt für die Stiftung Pasqual  Maragall. Er war 1982 bis 1987  Bürgermeister von Barcelona und gab 2007 seine Alzheimer-Diagnose bekannt. Foto: Max Steinacher (18.12.2014)

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Geschenkpapier

Geschenkpapier hat sich aus dem ordinärem Packpapier entwickelt, das ursprünglich dem Transportschutz diente. Heute dient es als Sichtschutz und soll beim Empfänger Spannung und Überraschung bewirken. Originelle und extravagante Geschenkpapiere können vom einfaltslosen Inhalt ablenken. Geschenkpapier ist Teil unserer visuellen Kultur und ein wichtiges Thema vor Weihnachten: In welches Papier wickle ich mein Geschenk ein? Was kommuniziere ich mit der Wahl des Papiers? Der Trend geht weg von christlichen zu winterlichen Motiven wie Schneeflocken, Misteln, Tannenzapfen, Weihnachtssterne, Schneemänner, Hirsche, Rentiere oder Elche. Beliebt sind auch Retro-Motive z. B. Kupferstiche, alte Illustrationen oder Ornamente. Und wer keinerlei Interpretationsrisiko eingehen möchte, entscheidet sich für ein rein dekoratives Motiv. (17.12.2014)

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Ein neumodische Papier mit Elchmotiv aus der Niehaus-Geschenkpapier-Edition und ein rein dekoratives Papier, gestaltet von Fotokünstler Bon Paul. Beide habe ich im Gutenbergblog gefunden.

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Lokaljournalismus

Der Lokaljournalist soll nicht nur mit den Themen, sondern auch mit der Sprache nahe bei seinen Lesern sein. Im schwäbischen Tagblatt habe ich einige Headlines gesammelt, die der schwäbischen Umgangssprache nachempfunden sind:

Im Suff Ehefrau angeschossen

20-Jähriger pinkelt in Kontoauszugsdrucker. Kurz vor Mitternacht erleichterte er sich in den Kartenschlitz.

 Sternhagelvoll: Vier Promille im Blut

16-Jähriger total besoffen zusammengebrochen.

Seniorin knallt im Suff mehrfach gegen die Leitplanke.

Besoffen Blödsinn betrieben

Verletzter Suffkopf randaliert mit 4,6 Promille.

Lollies-Konzert: Mann beim Pinkeln überfallen.

Die Hosen runtergelassen. Einen mutmaßlichen Exhibitionisten hat die Polizei am Sonntagmorgen geschnappt.

In den Schritt gegriffen. Ein Unbekannter hat am späten Samstagabend eine Fußgängerin in Waldhäuser-Ost…

Hier wurde dem Volk aufs Maul geschaut und deftig formuliert, was nachts auf Tübingens Straßen so abgeht.  (14.12.2014)

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Hasenfallen

Wörter sind die Stellvertreter für Begriffe, wir benutzen sie, um unsere Gedanken mitzuteilen, die sonst in den Windungen unseres Großhirns vorborgen blieben. Welcher Begriff und damit welche Bedeutung genau hinter einem Wort steht, bleibt unklar, eine (denotative) Kernbedeutung teilen wir innerhalb einer Sprachgemeinschaft, aber die (konnotativen) Nebenbedeutungen können erheblich voneinander abweichen. Welchen Sinn wir den Wörtern entnehmen, ist vom Sprechenden oder Schreibenden nur begrenzt steuerbar. Verstehen ist daher immer störanfällig oder fallibel, wie das Gerold Ungeheuer genannt hat.

Der chinesische Philosoph Zhuangzi (etwa 365 -290 v. Chr.) hat das bereits in folgenden Sätzen ausgedrückt: „Hasenfallen gebraucht man, um Hasen zu fangen. Wenn man die Hasen gefangen hat, kann man die Fallen vergessen.
Wörter gibt es wegen der Bedeutung. Wenn man auf das gekommen ist, worauf die Wörter deuten bzw. den Sinn erfasst hat und damit zufrieden ist – kann man die Wörter vergessen.“

外物: 
荃者所以在魚,得魚而忘荃;蹄者所以在兔,得兔而忘蹄;言者所以在意,
得意而忘言。吾安得忘言之人而與之言哉?

Wörter sind nur Stellvertreter, ist man mit einer erschlossenen Bedeutung zufrieden, endet die Interpretation! Die Wörter haben ihre Aufgabe erfüllt. (11.12.2014)

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