Alternative Fakten

Zum Unwort des Jahres 2017 möchte ich auch noch einen späten Senf dazugeben. Eine Beraterin des amerikanischen Präsidenten hat die Wortverbindung in die Welt gesetzt, wohl ganz im Sinne ihres Chefs. Während Fake News schlicht Lügen sind, sind alternative Fakten nach dem Unwort-Jury-Mitglied Stephan Hebel eine Art Euphemismus, eine Verschleierung dieser Lügen.

Faktum ist ein Lehnwort aus dem Lateinischen, das im 16. Jh. als Terminus in der Rechtssprache auftaucht, es bedeutet „das Geschehene“ (synonym zu Delikt). Das entsprechende deutsche Wort „Tatsache“ taucht als Übersetzung von „matter of fact“ im 18. Jh. im theologischen Kontext auf. Damals ging es darum, ob sich das Christentum auf wirkliche Begebenheiten berufen könne. In der Erkenntnistheorie hat das Faktum eine wechselreiche Geschichte, aber man kann sich wohl heute darauf einigen, dass ein Faktum eine empirisch verifizierte oder zumindest bestätigte Tatsache ist. Das Wort „alternative Fakten“ stellt somit ein Oxymoron dar, denn ein Faktum kann keine Alternative haben.

Im politischen Diskurs ist die Wortverbindung nützlich, da sie unterstellt, dass es statt verschiedener Perspektiven, Meinungen und Interpretationen auch verschiedene Fakten zu einer Frage geben könne. Empirische Argumente sind damit hinfällig, der Weg in eine postfaktische Politik geebnet. (07.02.2018)

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