Elegant gendern

In diesem Blog habe ich schon mehrfach betont, dass die Richtlinien einer feministischen Linguistik kommunikative vernünftig sind: 1. Sprachliche Sichtbarmachung: Wo von Frauen die Rede ist, muss dies auch sprachlich zum Ausdruck kommen. 2.Sprachliche Symmetrie: Wo von Frauen und Männern die Rede ist, müssen beide verbal gleich behandelt werden. Kritisch sehe ich aber, wenn der Lesefluss und die Verständlichkeit durch Wortbildungen und Satzkonstruktionen leidet.

Der germanistische Altmeister Hans Jürgen Heringer hat eine Stilfibel zum Gendern geschrieben, die er selbst im Vorwort als „munter und pfiffig“ anpreist. Tatsächlich fehlt der Pulverdampf von feministischen Geschlechterkämpfen völlig. „Unser Stil sind nicht Verbote oder Wörter aus der Sprache tilgen (was ja sowieso nicht gelingt). Wir regen an, produktiv mit Problemen umzugehen, sie elegant zu umgehen“ (S.17). Heringer bringt auch keine neuen Vorschläge, aber er zeigt an vielen Beispiele, wie man kommunikativ aufmerksam, mit sprachlicher Kreativität und mit historischen Wissen adäquate Formulierungen unter Berücksichtigung des Einzelfalls finden kann. Also kein Regelwerk mit starren Vorschriften, sondern Gedanken über den Gebrauch von Sprache.

Der einzige Kritikpunkt: Der oder die gewöhnliche Schreibende verfügt nicht über das historische Wissen und die Sprachkompetenz, um einen eigenen geschlechtergerechten Stil zu entwickeln. (12.10.2023)

Tatsächlich ein gut gewürzter Text: Hans-Jürgen Heringer: Stil- und geschlechtergerecht. Eine moderne Stilfibel. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2023.

One Response to Elegant gendern

  1. Max Steinacher 13. November 2023 at 21:08 #

    Zum Gender-Thema (generisches Maskulinum) fand ich folgende Sätze:
    „Frauen sind die besseren Polizisten“ und „Frauen sind die besseren Polizistinnen“.
    Welcher Satz macht mehr Sinn?

    Fund in: Eckhard Meineke, „Studien zum genderneutralen Maskulinum, Heidelberg 2023

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