Augenblicke

Dass der Blick ein wichtiger Bestandteil der zwischenmenschlichen Kommunikation ist, das belegen viele Redensarten: „Jemandem nicht in die Augen sehen können“ oder „Jemandem tief in die Augen sehen.“ Der Blick wurde deshalb auch in Philosophie und Psychologie oft thematisiert, allerdings mit unterschiedlicher Bewertung. Ein langer Blick kann Zuneigung ausdrücken (Flirten), aber auch Aggression und Dominanz (Anstarren). Eine Blickdauer von 3,2 Sekunden wird als angenehm empfunden, darunter als Zeichen des Desinteresses, darüber als Zeichen der Aufdringlichkeit (Binetti et al., 2016). „Jemanden keines Blickes würdigen“, die Verweigerung des Blickkontaktes ist eine radikale Ablehnung eines anderen Menschen.

In der Philosophie ist die Interpretation des Blicks durch Jean Paul Sartre verbreitet: das Vom-Anderen-gesehen-werden als existentielle Erfahrung. Der fremde Blick macht mir die radikale Getrenntheit, aber auch die Abhängigkeit von anderen Menschen deutlich. Ich kann andere beobachten und damit zum Objekt machen, oder selbst beobachtet werden, und zum Objekt werden.

Das ist sicher eine einseitige Interpretation, denn das Anblicken und das Angeblicktwerden zeigt auch Aufmerksamkeit und Interesse am anderen, es kann auch Zeichen der Verbundenheit sein. Als Extrem denkt man dabei an „die Liebe auf den ersten Blick“, die immerhin etwa ein Drittel der Menschen schon einmal erlebt hat (vorwiegend Männer). Dass Augen „sprechen“ und ein „Fenster zur Seele“ darstellen, kann mit Augenbildern isoliert vom Gesicht bewiesen werden: Mit großer Zuverlässigkeit werden elementare Emotionen abgelesen: Freude, Überraschung, Verärgerung, Furcht, Trauer. Die Größe der Pupille hängt vom Grad der Erregung ab, Personen mit erweiterter Pupille werden als attraktiver eingeschätzt, deshalb der kosmetische Einsatz von Belladonna. (16.10.2023)

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