Die oberste Feministin des Landes, Alice Schwarzer, hat Frauen kritisiert, die in „Nuttenmode“ herumlaufen. Gemeint sind Kleidungsstücke, die eine gewisse Quantität an Hautoberfläche nicht abdecken.
Es ist erstaunlich, dass sie das abschätzige Wort „Nutten“ für Frauen benutzt, die ihren Lebensunterhalt durch Prostitution verdienen. Die Herkunft des Wortes ist übrigens unklar, es wurde wohl für ein junges kleines Mädchen benutzt. Nuttig bedeutet ursprünglich zierlich, unbedeutend, schlecht, also mit zunehmender pejorativer Konnotation.
Ebenso erstaunlich ist ein Kommentar der Journalistin Sonja Thomaser in der FR: Die Frage, was frau anziehen soll, spielt keine große Rolle, es wird angezogen, „was uns praktisch morgens vom ersten Kleiderbügel entgegenfällt, was vom Vortag nicht müffelt und einfach was uns gefällt, worin wir uns wohlfühlen, was uns Spaß macht zu tragen“. Auch sexy Dessous zieht frau nur an, weil sie sich darin schön findet.
Ist das so? Nach meiner Erfahrung mit Frauen stimmt das nicht (allerdings ist meine Stichprobe nicht allzu groß). Auch als Semiotiker muss ich widersprechen, denn auch Kleidung hat Zeichencharakter im sozialen Umgang. Roland Barthes hat die Mode als einen sozialen Kode analysiert (Système de la mode, 1967). Was wir, Frauen wie Männer, anziehen, folgt gesellschaftlichen Konventionen, die schnell wechseln können (Mode), und berücksichtigt natürlich die jeweilige kommunikative Situation. Das gilt für den Business Anzug wie für die Nuttenmode. Manchmal ist die Kleiderwahl vielleicht unbewusst, aber zufällig ist sie nicht. (30.12.2019)
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