Liebesleben

Jetzt überall großflächig plakatiert: Die neue Kampagne der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung für Safer Sex. Jetzt liegt der Fokus nicht mehr auf Aids, sondern auf sexuell übertragbare Krankheiten überhaupt, denn die Zahl von Infektionen steigt. Die Cartoons sind überraschend explizit und witzig.

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Zwei Motive der Kampagne „Liebesleben“, sie werden sicher bei Kindern interessante Fragen an Papa und Mama auslösen. Quelle: Liebesleben. Auf der Site gibt es auch einen Kondometer, mit dem man die Konfektionsgröße für seinen Penis bestimmen kann. Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. (06.05.2016)

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Hundehäufen 2

Schild_Hundehaufen_1   Mücke-Atzenhain: Verbotsschild Hundehaufen (am Großen Holzwiesenteich)

Bereits auf Piktogrammen kann die Gestaltung des Kackverbots sehr unterschiedlich sein: Man vergleiche die geschäftliche Verrichtung links mit dem frechen Scheißer rechts.

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Während Piktogramme ein Verbot direkt visualisieren, sind ikonische Darstellungen indirekt, ihnen fehlt die symbolische Verneinung. Damit öffnet sich eine breite Palette an Gestaltungsmöglichkeiten, die sich um Witz und Humor bemühen. Quellen: Wikimediaa Commons, St.-P. Ballstaedt (05.05.2016)

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Historischer Humor 3

Schwiegermutterwitze kommen Anfang des 19. Jahrhunderts auf, der erste Beleg stammt 1845 aus den Fliegenden Blättern, einem Witzblatt für gutbürgerliche, biedermeierliche Adressaten. Dabei handelt es sich immer um die Mutter der Ehefrau, also um Konflikte zwischen dem Ehemann und seiner Schwiegermutter. Mit der Aufklärung war die Liebesheirat freier und selbstbestimmter Personen ein Ideal, dem die realen Eheschließungen nicht immer entsprachen. Die Geldheirat einer sozial höherstehenden und wohlhabenden Frau war keine Seltenheit. Der patriarchalische Hausvater war damit aber nicht nur finanziell, sondern auch psycho-sozial abhängig von Ehefrau und eben ihrer Mutter als Vertreterin der Herkunftsfamilie. Entweder wohnt sie im Haushalt oder kommt – oft überraschend – zu Besuch. Schon Freiherr Adolph Franz Friedrich Ludwig Knigge schrieb ungewohnt scharf: „Allein bete, dass der Himmel Dich bewahre vor solchen alten Hexen von Schwiegermüttern, die alles wissen, alles tun und, wenn sie auch dumm wie das Vieh sind, dennoch alles dirigieren wollen.“ (1796, S. 75). Daraus entwickelte sich ein Witzstereotyp, das bis heute angewendet wird.

Wissen Sie, Frau Schwiegermutter, was für ein Unterschied zwischen einem Knödel und uns zwei ist? Der Knödel raucht, wenn er heiß wird, und Sie werden heiß, wenn ich rauche!“ (Fliegende Blätter 28, 1858, Nr. 670, S. 142)

Mieterin: „Die Waschküche ist schön! Aber haben Sie auch einen Speicher zum Wäscheaufhängen?!“ – Hausherr: „Allerdings! Doch das muss ich Ihnen gleich sagen: hier lasse ich nur meine Schwiegermutter aufhängen!“ (Fliegende Blätter 84, 1886, Nr. 2121, S. 94)

Soweit zwei Witzbeispiele. Das erste thematisiert die familiäre Stellung des Ehemannes, der sich Verhaltensvorschriften unterwerfen soll. Der zweite Witz benutzt das verselbstständigte Stereotyp der bösen Schwiegermutter, ein konkreter Konflikt wird gar nicht mehr angesprochen. (04.04,2016)

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Mit Bart, aber noch immer vorhanden: Die Schwiegermutter mit Nudelholz als Witzfigur. Foto: Max Steinacher.

Quelle: Nobert Neumann (1986): Vom Schwank zum Witz. Zum Wandel der Pointe seit dem 16. Jahrhundert. Frankfurt/New York, Kapitel 6.

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Bäm

Das Motiv von Bruce Lee gibt es auf Premium-T-Shirts im Web zu kaufen, also vermutlich sind die Stencils eine Werbekampagne. Das lautmalende (onomatopoetische) Wort „bäm“ gehört(e) zur Jugendsprache und bedeutet so viel wie „cool oder „endgeil“, es stand 2009 auf Platz 2 der Jugendwort-Aktion des Langenscheidt-Verlags. Wie fast alle Jugendworte war „bäm“ umstritten, denn viele Jugendliche benutzen das Wort nicht oder kennen es gar nicht. (02.05.2016)

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Das Stencil habe ich an einem Telefon-Schaltschrank im Stadtteil Wanne in Tübingen gefunden. Foto: ST.-P. Ballstaedt

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Creative Colouring

Nach Zentangle ein neuer Mal-Trend, wieder aus Amerika und wieder als Therapie gegen Stress angepriesen: Erwachsene malen Strichbilder aus. Anders als bei den Mandalas gibt es verschiedenste Motive, von Gemälden von van Gogh bis zu Märchen und Fantasy. Kreativ ist dabei nur die Auswahl der Farbstifte, wenn man einen größeren Kasten von Faber-Castell, Staedler oder Lyra besitzt. Der Rest ist das brave Beachten von Strichbegrenzungen. Aber besser Buntstifte als Schwarzmalerei. (01.05.2016)

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Vorlage aus Enchanted Forest von Johanna Basford ausdrucken und ausmalen. Malbücher für Erwachsene stehen bei Amazon auf der Bestsellerliste Quelle: Amazon

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Verwehrti Liebi

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Hier hat sich ein Schweizer Aufkleber nach Neckarsulm verirrt: Die Ultras des SC-Langenthal, einer Gemeinde im Kanton Bern, haben offenbar Stadionverbot bekommen. Foto: St.-P. Ballstaedt (29.04.2016)

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Aktfotos

Sozusagen ein Nachtrag zum vorigen Beitrag über Sexismus. In den Gängen des Köpenicker Rathauses war eine Ausstellung von 20 Berliner und Brandenburger Fotoclubs zu sehen, darunter auch zwei Aktfotos. Die wurden von der Kulturamtsleiterin mit der Begründung abgehängt, dass die Fotos religiöse Gefühle von Menschen mit Migrationshintergrund verletzen könnte. Das ist doch eine beeindruckende Willkommenskultur, die auf die Gefühle unserer möglichen neuen Mitbürger und Mitbürgerinnen Rücksicht nimmt (wenigstens was diesen Bereich betrifft). Rein präventiv sollte man auch explizite Bilder von Rubens, Renoir oder Schiele aus den Museen entfernen oder wenigstens die erogenen Zonen überkleben, damit die Gefühle nicht Schaden nehmen, falls diese Stätten unserer Leitkultur von Personen mit Migrationshintergrund besucht werden. (28.04.2016)

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Ein Aktfoto möchte ich meinen Besuchern nicht zumuten, für Lüstlinge einen Link zu einem Artikel der Berliner Zeitung (BZ). Dazu auch meine Beiträge über Bildtabus und religionskritische Karikaturen.

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Sexismus

Justizminister Heiko Maas (SPD) hat die sexistische Werbung entdeckt und lässt ein Gesetz gegen sie ausarbeiten (mit Hilfe einiger feministischer Aktivistinnen, siehe SPIEGEL 16/2016, S.34). Was ist sexistische Werbung? Wenn der weibliche – und nicht zu vergessen männliche Körper – nur als erotischer Blickfang eingesetzt wird, ohne sachlichen Bezug zum Produkt. Beispiele: Eine flotte Sekretärin steht als Testimonial an einem Kopierer, das geht nicht. Hingegen für ein Duschgel darf mit nackter Haut geworben werden. Vor allem Frauen dürfen nicht als Objekte der Begierde gezeigt werden, obwohl viele Frauen dies selbst gern tun: Sänger/innen, Filmstars, Models und auch manche Hausfrau möchte gern Carmen sein. Man schaue sich einmal Selfies junger Männer und Frauen an. Aber hallo!

Es gibt zweifellos geschmacklose und dämliche Werbung, aber gegen die hat man zwei Mittel: Eine Beschwerde beim Werberat, meist bringt die aber nicht mehr als eine Rüge. Oder ein Boykott des beworbenen Produkts, das ist schon wirksamer und hat manche Kampagne gestoppt. Braucht man ein Gesetz? Ist nicht auch Werbung ein Ausdruck der Meinungsfreiheit? Manche Werbung ist ja fast Satire, manche sogar Kunst. Zudem ändern sich die Beurteilungen und Einstellungen über Sex und Erotik, vor Gericht müsste immer neu verhandelt werden, was noch geht und was nicht mehr.

Zudem tiefenpsychologisch: Ist das nicht ein untauglicher Versuch, Sexualität moralisierend aus dem Blickfeld zu schaffen? Wie man das auch schon vergeblich gegen Literatur, Filme, Theaterstücke versucht hat. In DER ZEIT (Nr. 17, 2016) spricht die Journalistin Dagmar Rosenfeld von einem „Angriff auf die Freizügigkeit“ und von „staatlich verordneter Verklemmtheit“. (27.04.2016)

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Ist das nicht eine üble Diskriminierung der Männer, die man gesetzlich verbieten sollte? Foto: Wolfgang Stehr, Agentur HEIMAT Berlin, Hornbach Campaign 2007.

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Stinkefinger

In der nonverbalen Kommunikation gibt es nur wenige autonome Gesten mit einer meist kulturspezifischen Bedeutung: mit dem Zeigefinger an den Kopf tippen, eine Faust ballen, sich auf den Bauch klopfen, den Zeigefinger erheben usw. Nur die Zeigegeste steht anscheinend universell am Ursprung der menschlichen Kommunikation (Tomasello). Dem Stinkefinger wurde jetzt eine Monografie gewidmet. Geschrieben hat sie der Romanist Reinhard Krüger an der Universität Stuttgart, der schon etliche randständige Themen behandelt hat.

Der Vollzug der Geste gegenüber einer Person sieht so aus: Der Mittelfinger der rechten Hand wird hochgestreckt, die übrigen Finger und der Daumen sind eingezogen. Die ganze Hand fährt rasch und aggressiv in die Höhe. Dabei ist die äußere Handfläche gegen den Adressaten der Geste gerichtet. Diese Geste ist schon bei den Römern als digitus impedicus (= unzüchtiger Finger) bekannt. Der hochgereckte Mittelfinger wurde als erigiertes männliches Glied interpretiert, die Geste als sexuelle Androhung der Penetration. In englischsprachigen Ländern bedeutet die Geste mit „Fuck you!“ oder „Fuck off!“ umschrieben.

Die Geste breitete sich in Deutschland erst in der 1960ern aus, das Wort „Stinkefinger“ gib es erst seit Mitte der 90er Jahre. Aber warum Stinkefinger? Nach Hans-Martin Gauger wurde eine evidente sexuelle Bedeutung in eine exkrementelle umgedeutet. Das ist für die Deutschen typisch, die ihre Schimpfworte vorwiegend aus dem anal-exkrementellen Bereich wählen. (26.04.2016)

Krüger, Reinhard (2016). Der Stinkefinger: Kleine Geschichte einer wirkungsvollen Geste. Berlin: Galiani.

Gauger, Hans-Martin (2012):  Das Feuchte & das Schmutzige. Kleine Linguistik der vulgären Sprache (Kap. 18. Der deutsche Mittelfinger). München: Beck, S. 69-71)

https://www.flickr.com/photos/95213174@N08/20920681535

In Deutschland erfüllt das Zeigen des Stinkefingers juristisch den Tatbestand der Beleidigung nach § 185 StGB. Man erinnere sich an die Aufregungen um Stefan Effenberg, Peer Steinbrück oder Yanis Varoufakis. Quelle: www.flickr.com

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