Lachgruppen

Jedes Jahr hat der Lehrkörper meines Ex-Studiengangs gemeinsam eine Weiterbildung besucht. Als alle harten Themen abgehakt waren (Modularisierung, Kreativitätstechniken, Notengebung, Lerncoaching) haben wir den Kurs „Warum Humor Lehre erfolgreicher macht“ belegt. Zum Thema hatte der Kursleiter nichts zu sagen, dafür brachte er eine Menge Lachübungen mit: Ohne Anlass sollten wir uns exzessivem Gelächter mit verschieden Silben hingeben: „ha, ha, ha; ho,ho, ho; hi, hi, hi.“ Und das mit vollem Körpereinsatz, mit Händeklatschen, Spottgesten, Schulterklopfen. Als Lockerung witzig, aber nach der zehnten Übung kamen wir uns doch reichlich bescheuert vor.

Heute lese ich in der Zeitung von Lach-Yoga-Kursen mit der Botschaft, dass Lachen ohne Grund für den Körper gesund sei, die Atmung wird verbessert und Stress abgebaut. Dass Lachen psychohygienisch heilsame Wirkungen entfaltet, bezweifle ich nicht, aber Lachen ohne Anlass? Haben wir so wenig zu Lachen? Zum Lachen will ich wenigstens einen deftigen Witz oder eine Peinlichkeit haben. Anlassloses Kuscheln habe ich schon als merkwürdig empfunden. Warum nicht anlassloses Weinen? Ist da noch eine Lücke auf dem Psychomarkt? Wichtiger Hinweis: Bei Harn- und Stuhlinkontinenz wird von Lach-Yoga abgeraten. (15.08.2014)

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Geschlechtsteile

Klassiker der erotisch-zotigen Kommunikation ist die Darstellung der Geschlechtsorgane auf Wänden, auf Bänken in Schulen und Hörsälen, auf Toiletten. Als sekundäres Geschlechtsmerkmal sind Brüste beliebt, meist XXL. Ich habe keine statistische Erhebung zu bieten, aber nach meiner Beobachtung nehmen diese Motive ab. Wenn sich jeder realistische Bilder aufs Smartphone holen kann, dann sind die naiven Kritzeleien weder provozierend noch inspirierend. Früher waren Geschlechtsteile ein beliebtes Motiv für Graffiti. Michel de Montaigne sorgte sich 1587 in seinem Essay „Über einige Verse des Vergil“: „Welch schädliche Vorstellungen erwecken doch die maßlosen Gebilde, mit denen jugendliche Pagen alle Gänge und Treppenhäuser des königlichen Palastes bekritzeln. Von daher rührt die maßlose Verachtung, mit der die Frauen unserm natürlichen Gemächte begegnen.“ (14.08.2014)

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Gemächte-Kritzelei an einer Unterführung in Tübingen, Waldhäuser-Ost. Foto: St.-P. Ballstaedt

Nachtrag: Phallus-Darstellungen, die ich in den letzten Wochen gefunden habe.  (14.03.2015)
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Rotzkocher

Rotzkocher

Pech für Pfeifenraucher auf der Insel Lokrum vor Dubrovnik. Foto: Schilder-Scout Max Steinacher (13.08.2014)

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Klaus Staeck

Seine Kunst findet nicht im Saale statt, er plakatiert an 300 Berliner Litfaßsäulen. Erfreulich, dass man politische und satirische Plakate einmal nicht nur im Museum anschauen und in Poster-Shops erwerben kann. Neben den Staeck-Klassikern, die allerdings immer noch nicht veraltet sind, sind auch einige neue Motive zu sehen. Das Plakat als Kunstform ist aus dem öffentlichen Raum weitgehend verschwunden, so stehen die alten Berliner Litfaßsäulen etwas anachronistisch herum, mal ohne kommerzielle Botschaften. (12.08.2014)

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Litfaßsäule in Berlin mit Plakaten von Klaus Staeck. Schön, dass Amazon etwas auf die Mütze bekommt (zum Vergrößern ins Bild klicken). Foto: Bettina Asmus (danke!)

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Walbusch

Ich bin Kunde bei Walbusch, weil es dort die Tropical-Hemden ohne Kragenknopf gibt. Jeden Monat bekomme ich einen Katalog, in fast jeder Zeitschrift, vom Gemeindeblatt bis zur DB mobil sind Anzeigen geschaltet. Alle paar Tage bekomme ich eine Werbe-Mail. Aber jetzt fühle ich mich geradezu verfolgt. Egal welche Website ich öffne, sofort poppt ein Frame auf, in dem mir oft sogar animierte Hemden in die Augen springen. Das nervt doch gewaltig. Vielleicht sollten die Online-Marketing-Experten einmal etwas über den Bumerang-Effekt nachlesen, also über Werbemaßnahmen, die genau den gegenteiligen Effekt haben wie gewünscht. Das nächste Leinenhemd kaufe ich mal wieder im Modehaus. (11.08.2014).

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Badespaß

Dieses Jahr sind schon einige Personen in öffentlichen Gewässern ertrunken, da sie die Gefahren unterschätzen. Ob hier Warnpiktogramme nutzen? (10.08.2014).

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Warnpiktogramme in der Verzasca-Schlucht im Tessin: Achtung Untiefe, Steine, Strömung, Wasserwirbel. Foto: Schilder-Scout Max Steinacher

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Warnschild an einem offenen Abwasserkanal bei Gelsenkirchen. Foto: St.-P. Ballstaedt

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Deutschen

An der Exzellenz-Universität Tübingen ist man auch sprachschöpferisch tätig, wie der gesprayte Spruch beweist: Wenn man sich wie ein Deutscher verhält und wie ein Deutscher redet, dann deutscht man. Und das ist nicht schmeichelhaft gemeint. Es gibt andere Verben nach diesem Muster z. B. „türken“ im Sinne von „vortäuschen“ oder „fälschen“. Wie die diskriminierende Bedeutung entstand, darüber gibt es mehrere Versionen. Aber heute wird nicht mehr getürkt, sondern gefakt! Und der Schwabe schwäbelt, der Sachse sächselt, aber das bezieht sich nur auf den Dialekt. (08.08.2014)

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Spruch an einer hässlichen Mauer hinter dem Brechtbau. Foto: Max Steinacher

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Zeichenpolizei

Wir sind in Deutschland und da gibt es auch einen Schilderüberwachungsverein e.V., eine Art semiotische Schutztruppe, die den Zustand der Straßenschilder kontrolliert. Wenn man ein verwahrlostes Schild entdeckt, soll man es posten. Auf der Site sind natürlich erschreckende Beispiele dokumentiert, aber „die Nutzung der bereitgestellten Informationen […] zur Verwendung auf anderen Websites ist untersagt.“ Also habe ich ein eigenes Foto von einem überklebten Schild aus meinem Archiv geholt, werde es beim SÜVA aber nicht hochladen und auch den Standort nicht verraten. (07.08.2014)

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Behinderung der Kommunikation: Also das geht gar nicht! Foto: St.-P. Ballstaedt

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Ein ganz schlimmes Beispiel aus dem Universitätsviertel von Bologna. Foto: Wolfgang Scherer.

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Liebesbriefe

Nicht ohne Rührung habe ich gelesen, dass sich Angelina Jolie und Brad Pitt sich handgeschriebene Liebesbriefe schicken, wenn sie wegen Dreharbeiten getrennt leben. Das könnte den Trend zu knappen SMS-Liebesbotschaften beeinflussen, denn vor allem unsere Jugend braucht ja Vorbilder. Nur ein paar Musterbriefe sollten die beiden schon zur Verfügung stellen. Meine Tipps konnte man in der WAZ, Westen.de nachlesen: „Liebesbriefe folgen ähnlichen Regeln wie Bewerbungsschreiben, sagt Steffen-Peter Ballstaedt, Professor für angewandte Kommunikationswissenschaft, “in der Bewerbung steckt ja auch das Wörtchen ‘werben'”. Darum rät er dazu, in einem Liebesbrief nicht so viel über sich selber zu schreiben, sondern darüber, was einem an dem anderen interessiert. Der Adressat des Liebesbriefes muss im Mittelpunkt stehen. “Dabei sollte der Verfasser möglichst konkret werden und genau beschreiben, was den anderen so liebenswert macht”, rät Ballstaedt. Um nicht in Floskeln zu versinken, sei ein Inhalt, ein Ereignis, das man beschreibt, hilfreich. “Zum Beispiel könnte man über einen Film oder ein Buch schreiben, bei dem man an den anderen denken musste”, so Ballstaedt. Wer nur über Gefühle schreibt, rutsche schnell ins “Gesülze” ab. Alte Liebesbriefe aus dem 19. Jahrhundert waren meist seitenlang und dabei sehr inhaltlich“, sagt der Kommunikationswissenschaftler.“ Alles klar? 1a-Lebensberatung! (06.08.2014)

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