Die Traueranzeigen in den Tageszeitungen haben in den letzten Jahren ihr Erscheinungsbild geändert. War früher ein Kreuz das einzige Dekor, so tauchen viele sogenannte Symbolbilder auf, die Redaktionen bieten sie den Anzeigenkunden an: ein Baum, der seine Blätter im Wind verliert, betende Hände, eine verlöschende Kerze, ein Ginkgo-Blatt, eine Rebe, eine sich entblätternde Rose, ein geknicktes Ährenbündel, eine davonfliegende Taube usw. In einer nächsten Phase werden die Anzeigen individualisiert: ein Foto des/der Verstorbenen, ein Bild, das sein Hobby ausdrückt z.B. ein Motorrad, ein Wanderstock, ein Traktor, ein Musikinstrument, ein Fußball. Die Säkularisierung des Sterbens kommt voran.
Der Soziologe Werner Fuchs hat 1969 ein Buch „Todesbilder in der modernen Gesellschaft“ vorgelegt, in dem er auch Todesanzeigen ausgewertet hat. Ich habe keine systematische Inhaltsanalyse durchgeführt, aber auffallend ist, dass die üblichen Bibelsprüche durch Dichterworte abgelöst werden. Auf Platz 1 sicher die letzte Strophe des Gedichts „Mondnacht“ von Eichendorff: „Und meine Seele spannte weit ihre Flügel aus, flog durch die stillen Lande, als flöge sie nach Haus.“ Oft findet man selbstverfasste Verse und Sinnsprüche. Hingegen sind die Sprachformeln und Metaphern für das Sterben seit den 60er Jahren gleich geblieben, noch immer wird entschlafen, Abschied genommen, von Gott abberufen, in die ewige Ruhe eingegangen und aus der Mitte gerissen, und das oft völlig unerwartet, auch im Alter von 93 Jahren. (28.06.2009)
Totenschädel findet man auf alten Epitaphen häufig, in Traueranzeigen werden sie gemieden. Dieser geflügelte Schädel ziert das Epitaph von 1769 für Michael Weillenpöck aus Wegscheid, Pfarrer von Sarleinsbach in der Marienkapelle (Oberösterreich ). Quelle: Wikimedia Commons.
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