Hirnströme

Vor einigen Jahren hat ein Forscherteam der University of California in Berkeley zwei Versuchspersonen 1750 Fotos natürliche Objekte gezeigt und dabei mittels Kernspintomographie die Aktivitätsmuster in den Sehzentren des Gehirns aufgezeichnet. Diese Muster wurden mit bestimmten strukturellen Eigenschaften des Bildes in Beziehung gesetzt. Für 120 neue Bilder wurden aufgrund der Aktivitätsmuster im Gehirn vorhergesagt, welches Bild der Betrachtende gerade anschaut, und das mit einer Trefferquote, die weit über dem Zufall lag (bei einer Vp 92%, bei der anderen um 72%). Die Forscher hatten sozusagen gelernt, aus den Aktivitätsmustern die Wahrnehmungen zu rekonstruieren.

Für die Sprachverarbeitung wurde jetzt ein analoges Forschungsergebnis veröffentlicht, allerdings mit der Methode der Elektrocorticographie. Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben ein Elektrodennetz direkt auf die Großhirnrinde gelegt (bei sieben Epilepsie-Patientenwährend einer Hirnoperation). Die Patienten mussten verschiedene Texte sprechen. Die Forscher konnten die prototypischen Hirnströme für 50 Laute aufzeichnen. Allein anhand dieser Muster konnte vorhergesagt werden, was ein Patient gerade sprach. Die Forscher hatten gelernt, aus den Aktivitätsmustern die Aussagen zu rekonstruieren.

In beiden Fällen handelt es sich um ein rudimentäres Lesen von Gedanken, das z. B. auch auf Vorstellungen und Träumen angewandt werden könnte. Wissenschaftlich spannend, aber die gesellschaftlichen Konsequenzen einer Gedankenkontrolle mag man sich nicht gern ausmalen. (30.06.2015)

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  1. Gedankenlesen | Steffen-Peter Ballstaedt - 23. April 2017

    […] ist das ein spannendes Projekt. Erregungsmuster im Gehirn sind schon ausgelesen worden, um Prothesen zu steuern oder Ja-nein-Entscheidungen zu […]

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