Die Bekleidung ist ein semiotischer Kode, den ich bisher nur selten thematisiert habe (Burkini und Krawatten). Aber jetzt!
Seit Jahren werde ich mit der Regel konfrontiert, dass man in Sandalen keine Socken anzieht, schon gar keine farbigen, das sieht übel aus und schickt sich nicht. Das ästhetische Argument will mir nicht einleuchten: Warum sehen krumme Zehen mit eingewachsenen Nägeln schöner aus als eine solide Herrensocke (Werbeslogan: Die Socke adelt den Mann)? Und das Argument der Schicklichkeit klingt sehr angepasst: Wer hat diese Regel eigentlich aufgestellt? Socken in Sandalen als Modesünde, Stilmakel und vor allem als „typisch deutsch!“
Im Mai 2014 riefen irgendwelche New Yorker Stylisten (der Strumpfindustrie?) plötzlich einen Trend zu Socke in Sandalen aus. Das Argument: Die Kombination eigne sich perfekt als Übergang vom Frühling in den Sommer und vom Sommer in den Herbst, aber im Sommer weiterhin bleibt sie ein Zeichen schlechten Geschmacks. Zu dieser modischen Liberalisierung wurden gleich wieder ein paar Regeln aufgestellt: Die Socken sollten dunkel, dünn und einfarbig sein. 2016 wurde einer neuer Streetstyle propagiert: Bunte Happy socks und eine alberne Socke, die die Zehen in der Sandale freilässt. Etliche Stylisten raten von diesen Trends aber auch wieder ab.
Warum lassen sich Menschen von irgendwelchen Stylisten, Modeschöpfern, Designern usw. vorschreiben, was gut aussieht und was sie anziehen sollen? (18.04.2018)
Meine Socken vom 18.04.2018, die Sandalen sind schon etliche Jahre alt. Foto: St-P. Ballstaedt