Eingangsvoraussetzung

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Schild an der Tür der Kneipe „The last Resort“ in der Mühlstraße in Tübingen. Da müssen wohl viele draußen bleiben. Foto: St.- P. Ballstaedt (11.02.2015)

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Mona Paprika

Auf einer roten Paprika habe ich einen Aufkleber mit der Darstellung der Mona Lisa entdeckt (hier Monna Lisa, vermutlich der italienische Gemüseproduzent). Das Bildchen hätte Aby Warburg erfreut, der die Geschichte von Bildmotiven untersucht hat. Seine Bildtafeln mit Motivgruppen, in die er alle visuellen Dokumente wie Werbung, Briefmarken, Streichholzschachteln usw. gruppierte, sind leider verloren gegangen, aber seine Ikonologie hat sich als kulturwissenschaftlichen Methode etabliert. Die Mona Lisa des Leonardo da Vinci ist ein Gemälde, das in unzähligen Varianten als Symbol der Renaissance verbreitet ist, vom T-Shirt über Kaffeetassen bis zu Karikaturen. (10.02.2015)

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Von einer Paprika lächelt Mona, aber nur wenn man genau hinschaut. Fotos: St.-P. Ballstaedt

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Amygdala

Eine schöne Bezeichnung für ein paariges Hirnareal (deutsch: Mandelkern), das vor allem der emotionalen Bewertung von Objekten und Situationen dient. Es ist Teil des entwicklungsgeschichtlich alten Limbischen Systems. Mit neurowissenschaftlichen Untersuchungen hat man herausgefunden, dass die rechte Amygdala sehr stark auf Tierbilder reagiert, die linke hingegen nicht. Dabei spiel es keine Rolle, um welche Tiere es sich handelt. Der Anblick von Tieren war für den Menschen immer bedeutsam: Es kann sich um Fressfeinde oder Beutetiere handeln, zudem wurden Tiere als Haus- und Zuchttiere wichtig. Da Tiere Aufmerksamkeit erregen und emotionalisieren, tauchen sie auch gern in der Werbung auf. Nur ein Beispiel: Der italienische Magenbitter Fernet-Branca hat im Laufe der Zeit einen ganzen Zoo eingesetzt. (08.02.2015)

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Affe, Krokodil, Adler: Fernet-Branca verleiht magische Kräfte und liebt Tiere in seiner Werbung.

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Unika

Unikale = einmalige Morpheme haben schon immer mein Interesse erregt. Es handelt sich um Wortbestandteile, die nur in einer einzigen Verbindung vorkommen, z. B. {brom} in der Brombeere oder {schorn} im Schornstein. Das spannende daran: Meist kann die Bedeutung des unikalen Morphems nur mit erheblichen sprachgeschichtlichen Kenntnissen oder gar nicht mehr rekonstruiert werden. Bei der Himbeere z.B. vermutet man, dass es ursprünglich eine Hindsbeere war, also eine Beere, die gern von Hinden = Hirschkühen gegessen wird. Im Wort „beschwichtigen“ geht das Morphem {schwicht} nach einigen Lautverschiebungen auf „schweigen“ zurück. Bei Bräutigam geht das {gam} etymologisch auf das althochdeutsch gomo = Homo = Mann zurück. Unikale Morpheme sind sozusagen sprachliche Fossilien. (07.02.2015)

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Man Spreading

Als Fortsetzung meines gestrigen Beitrags lese ich heute in der Zeitung, dass die Verkehrsgesellschaft MTA in der New Yorker U-Bahn jetzt Schilder aufgehängt hat, um den Scherensitz zu bekämpfen. Vor allem Männer lümmeln sich breitbeinig über drei Sitze, selbst wenn der Wagen brechend voll ist. Das ist eine dominierende Markierung eines Territoriums, verbunden mit einer kulturell anpassten Form der Genitalpräsentation bei männlichen Primaten. (04.02.2015)

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Neues Piktogramm in der U-Bahn von New York gegen rücksichtslose Schenkelspreizer: Your balls are not that big!

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No Sex

Verbote sind ja nur notwendig, wenn das untersagte Verhalten üblich ist. Deshalb sind Verbotsschilder auch ein Indikator für Verhaltensweisen. Bei den No-Sex-Piktogrammen unterscheiden sich die Stellungen von Land zu Land. (03.02.2015)

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Das erste Schild ist aus Vietnam. Quelle: Saigoneer.com. Auf der Site findet man noch einige andere merkwürdige öffentliche Schilder. No-Sex-Schilder findet man auch in Europa, das zweite stammt aus Budapest aus einer Toilette auf der Margareteninsel. Foto: Werner Remmele in seinem Reiseblog .

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Weniger eindeutig in ordentlicher Missionarsstellung: eine deutsche Variante des Sex-Verbots.

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Wurstsalat

Wurstsalat

Aushang: Da weiß man doch gleich, was man bestellen soll. Hoffentlich ist die Wurst noch frisch! Miserables Foto von St.-P. Ballstaedt (02.02.2015)

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Entwelschung

In einer Krabbelkiste vor einem Antiquariat habe ich das Buch „Entwelschung, Verdeutschungswörterbuch für Amt, Schule, Haus, Leben“ von Eduard Engel aus dem Jahre 1918 gefunden. Der Sprach- und Literaturwissenschaftler Engel war ein fanatischer Sprachpurist, der die deutsche Sprache von allen fremden Einflüssen reinigen wollte. Aus der Einleitung (S. 28) „Ich halte die Welscherei in der Tat für geistigen Landesverrat und lehne jede Mahnung zu größerer Milde oder Höflichkeit ab.“ Seine Kritiker bezeichnet er als „Pack“, welches der „Besudelung und Verrottung“ der Muttersprache keinen Einhalt gebietet. Sein Zorn und Hass verleiten ihn oft zu unwissenschaftlichen und irrigen Eindeutschungen. Den literarischen Naturalismus übersetzt er mit Abklatschkunst, Alltagsäfferei, Kunstlosigkeit, Nachstümperei.

Eduard Engel ist gegen alle fremdsprachlichen Einflüsse, konkret hatte er es aber vor allem mit den im 19. Jahrhundert eingeführten Gallizismen zu tun. Liest man seine Vorschläge zur Verdeutschung unvoreingenommen durch, so ist man doch überrascht für wie viele Fremd- oder Lehnwörter es einen treffenden deutschen Ausdruck gibt. Aber es gibt auch viele Eindeutschungen, mit denen er sich schon damals lächerlich gemacht hat: Fatal = schicksalig; zentralisieren = vermittelpunkten; Makkaroni = Hohlnudeln; Mayonnaise = Öltunke; Limonade = Saftwasser; Kompost = Dungmischung; Pessimist = Schwarzseher, Trübsalbläser oder Weltschmerzler; Optimist = Schönfärber, Frohhoffnungsmensch oder Immerfroher. Und ob Drogisten mit der Bezeichnung “Drogenhändler” zufrieden wären, kann man bezweifeln. (01.02.2015)

Entwelschung

Das Buch eines Fremdwortfeindes, der mit seiner Deutschtümelei die Ideologie des Nationalsozialismus vorbereitet hat. Foto: St.-P. Ballstaedt

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Narrenfreiheit

Mit Karneval habe ich nicht viel am Hut, deshalb war ich angenehm überrascht, als man für den Kölner Rosenmontagsumzug einen Motivwagen plante, der die Morde an der Charlie-Hebdo-Redaktion thematisiert: Ein Narr stopft seinen Stift in das Maschinengewehr eines Terroristen. Keine Provokation, sondern ein trotziger Hinweis auf die Macht der Bilder und der Meinungsfreiheit über Ideologien und Gewalt. Heute lese ich: Die Jecken haben den Wagen wurde zurückgezogen. Begründung des Komitees: „Der Karneval soll[…] nicht zu Sorgen führen – vielmehr wollen wir alle gemeinsam unbeschwert feiern“. Also setzt eure Kappen auf, singt, schunkelt und werft Karamellen, von der alten Narrenfreiheit ist nichts mehr übrig geblieben. (30.01.2015)

Kölner Karneval stoppt Motivwagen zu «Charlie Hebdo»

Der Entwurf für den geplanten Umzugswagen. Foto: Festkomitee Kölner Karneval.

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Problemlösung

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Zwei Probleme verknüpft. Heute entdeckt in der Nähe der Vesperkirche in Tübingen. Foto: St.-P. Ballstaedt (28.01.2015)

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